Fanszenen Deutschlands kündigen 12-minütigen Stimmungsverzicht an

An diesem Wochenende wollen zahlreiche Fanszenen in Deutschland in den ersten zwölf Minuten ihrer jeweiligen Spiele schweigen und damit gegen die Investoren-Pläne der DFL protestieren. Am Montag stimmten 24 von 36 Bundesliga-Clubs für die neuesten Investoren-Pläne des Ligaverbandes.

Die Zweidrittelmehrheit wurde damit gerade so erreicht. Vermutlich kam diese Mehrheit durch die Stimme von Martin Kind zustande, obwohl im Vorfeld der Abstimmung der Vorstand des Hannover 96 e.V. Geschäftsführer Kind anwies, bei der Abstimmung in Frankfurt gegen die Investoren-Pläne der DFL zu stimmen. Der Stammverein in Hannover kämpft schon länger für die Einhaltung der 50+1-Regel der DFL und machte die DFL darauf auch aufmerksam.

Hinter den Fanszenen Deutschlands steht ein Großteil der Ultras verschiedenster Vereine aus unterschiedlichen Ligen in Deutschland. In einem Investoren-Deal der DFL sehen diese „einen Dammbruch für die Bundesliga“. Laut Auffassung der Fanszenen hätten die Mitglieder der DFL vor einer so weitreichenden Entscheidung ihre jeweiligen Mitglieder befragen sollen. Da dies an den meisten Standorten nicht geschehen sei, will man sich nun anderweitig Gehör verschaffen. Unter dem Titel „Es bleibt dabei: Nein zu Investoren in der DFL!“ veröffentlichten die Fanszenen Deutschlands bereits vor der entscheidenden Abstimmung im Ligaverband eine Stellungnahme zum Thema.

Die Fankultur in Deutschland sei im internationalen Vergleich ein Alleinstellungsmerkmal der Bundesliga, das die DFL mit dem Investoren-Deal aufs Spiel setze. Wie schon beim Thema Montagsspiele oder der Aussetzung von Kollektivstrafen wollen die deutschen Fanszenen auch beim Investoren-Thema gemeinsam agieren. „Wir sind nicht bereit, dem Ausverkauf des Deutschen Fußballs tatenlos zuzusehen. Um zu verdeutlichen, dass der vielbeschworene 12. Mann bundesweit nicht bereit ist, als Teil der Verhandlungsmasse des DFL-Deals mit dubiosen Investoren herzuhalten, werden wir zwölf Minuten schweigen“, heißt es dazu im gemeinsamen Statement der Fanszenen Deutschlands. Noch könnten die Geschäftsführer der DFL den Investoren-Deal stoppten. Der Ligaverband plant den Abschluss des Investoren-Prozesses bis Ende März 2024.

Bereits vor über zehn Jahren protestierten die deutschen Fanszenen im Vorfeld der Debatte um das Sicherheitspapier der DFL, das letztlich mit Änderungen am 12. Dezember 2012 verabschiedet wurde, auf ähnliche Weise. Schon damals herrschte in den meisten Bundesliga-Stadien für zwölf Minuten Stille, bevor anschließend der organisierte Support aufgenommen und der Kontrast aufgezeigt wurde. (Faszination Fankurve, 15.12.2023)

Auszug aus dem Statement der Fanszenen Deutschlands vom 15.12.2023.
Auszug aus dem Statement der Fanszenen Deutschlands vom 15.12.2023. Bild: spvgg-fuerth.com

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme der Fanszenen Deutschlands:

Wir werden kein Teil eures Deals sein

Das Ergebnis der DFL-Vollversammlung hinsichtlich des Investoreneinstiegs stellt einen Dammbruch für die Bundesliga dar. Wenig ist von der während der Pandemie beschworenen Demut des Profifußballs geblieben – stattdessen entschieden sich die windigen Vereinsvertreter in einem äußerst intransparenten Prozedere für den Weg des Geldes. Wenig überraschend stehen nun auch besonders zweifelhafte Investoren schon mit einem Fuß in der Tür, wodurch sich die viel zitierte Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung endgültig als reine Floskeln entpuppen

Dass für Entscheidungen dieser Tragweite eine Zustimmung der Mitgliederversammlungen der Vereine zwingend notwendig sein sollte, scheint offenbar nicht mit dem Demokratieverständnis vieler Clubvertreter vereinbar zu sein. Wir als das scheinbare Fußvolk sollen durch die herbeigefaselten „roten Linien“, die die Einflussnahme durch die potenziellen Investoren angeblich begrenzen, ruhiggestellt werden. Doch was eine realistisch bevorstehende Zerstückelung der Spieltage oder gar die Austragung von Topspielen im Ausland angeht, sollten wir Stadiongänger uns dennoch nicht blenden lassen! Ein Vertrag, der über zwei Jahrzehnte abgeschlossen wird, öffnet auf lange Sicht die Büchse der Pandora, die weitere Investoreneinstiege nicht ausschließt – ganz im Gegenteil. Seid euch sicher, die unbändige Gier nach Profit wird sich mit der Zeit nicht legen und gleichzeitig aber die finanziellen Zwänge in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nur noch mehr zunehmen. Die unwirsche Aufforderung an Kritiker, sich der Entscheidung zu unterwerfen und den „Deal“ nicht zu gefährden, zeugt nur von dem fortschreitenden Realitätsverlust in den Gremien der DFL

Dass wir ein nicht unbedeutender Teil des Produkts Bundesliga sind, das mit all seinen stimmungsvollen und gut gefüllten Stadien glänzt, ist uns durchaus bewusst. Auch wir können uns nicht davon freisprechen, wöchentlich die Fernsehzuschauer mit großen Choreografien und beeindruckenden Gästeauftritten vor die Mattscheibe zu locken. Während der Alltag auf den Rängen in anderen europäischen Topligen oft einem Trauerspiel gleicht, dient die lebendige Fankultur in Deutschland als ein Alleinstellungsmerkmal. Doch gerade deswegen ist unsere Teilhabe an dem Produkt Bundesliga zugleich auch unsere größte Waffe! Wir haben unseren Anteil am Wert des Profifußballs in den eigenen Händen. Nicht nur bei der Abschaffung der Montagsspiele oder der Aussetzung von Kollektivstrafen konnten wir bereits in der Vergangenheit unsere Stärke als Gemeinschaft der Fanszenen unter Beweis stellen. Die Freiheit unserer Kurven und damit auch die der Vereine, denen wir unermüdlich folgen, ist für uns unverhandelbar! Der angebliche Dialog auf Augenhöhe mit der Basis war schon lange eine leere Worthülse – nun müssen wir uns anderweitig Gehör verschaffen! Und um gehört zu werden, wird man von uns nichts hören. Zumindest die ersten zwölf Minuten der Spiele am kommenden Wochenende nicht. Wir sind nicht bereit, dem Ausverkauf des Deutschen Fußballs tatenlos zuzusehen. Um zu verdeutlichen, dass der vielbeschworene 12. Mann bundesweit nicht bereit ist, als Teil der Verhandlungsmasse des DFL-Deals mit dubiosen Investoren herzuhalten, werden wir zwölf Minuten schweigen.

Den Investoreneinstieg sehen wir als einen elementaren Angriff auf den basisorientierten Volkssport Fußball hierzulande. Die Funktionäre mögen Medienrechte verscherbeln können, doch gleichwohl können wir unsere eingebrachten Anteile am Produkt Bundesliga selbst beeinflussen. Unsere Ressourcen im Kampf gegen die Profitgier und Willkür der DFL werden wir kollektiv bündeln. Noch könnten die Geschäftsführer der Liga das verhängnisvolle Investmentprojekt stoppen. Wir werden diesen Weg genauestens im Visier behalten!

Fanszenen Deutschlands im Dezember 2023

Weitere News - News Deutschland

News Deutschland

Dynamo-Fans berichten von „drohender Eskalation im Gästeblock des Jahnstadions“

Dynamo Dresden gastierte am gestrigen Samstag im Jahnstadion beim SSV Jahn Regensburg. Die Schwarz-Gelbe Hilfe kritisierte im Nachgang des Auswärtsspiels das Vorgehen von Polizei und Ordnungsdienst im Gästeblock. An den Zugängen zu den einzelnen Blöcken seien behelmte Einsatzkräfte der Polizei im Einsatz gewesen. mehr

News Deutschland

Zweiteilige Choreografie zu 5 Jahren Ultras Energie & gelber Rauch

11.532 Fans kamen am gestrigen Samstag ins Stadion der Freundschaft, um die Regionalliga Nordost-Partie zwischen dem FC Energie Cottbus und dem 1. FC Lokomotive Leipzig zu sehen. Die Ultras Energie feierten bei dem Spiel ihren fünften Geburtstag mit einer zweiteiligen Choreografie. mehr

News Deutschland

„Bremer Gästeempfang: Albi-Angriff & Rückwärtsgang“

Nachdem Ultras von Werder in der Vorwoche die mit dem ICE angereiste Reisegruppe rund um die Schwabensturm Ultras in Bremen angriffen haben, zeigten die Ultras des VfB Stuttgart beim Auswärtsspiel in Leverkusen am gestrigen Samstagabend ein Spruchband zum Thema. mehr