UEFA: Neue Sicherheitsmaßnahmen bei Endspielen

Die UEFA setzt neue Maßnahmen zur Erhöhung der Fansicherheit bei Endspielen um. Die Maßnahmen sind ein Resultat aus den Empfehlungen eines Aktionsplans, der aufgrund der Vorfälle während des Champions-League-Finals 2021/22 erstellt wurde.

Eigentlich sollte ein Champions-League-Finale für alle neutralen Zuschauer und Zuschauerinnen und auch die Anhänger der Finalisten ausschließlich ein Anlass zur Freude sein. Beim letztjährigen Finale im Stade de France bei Paris sah die Realität anders aus. Da es vor den Toren des Stadions aufgrund von Einlassproblemen zu Gedränge und zu Problemen zwischen Polizei und Fans kam, verzögerte sich die Partie um etwa eine halbe Stunde. Damit sich solche Vorfälle zukünftig nicht wiederholen, hat die UEFA auf die aus einer unabhängigen Untersuchung hervorgegangenen Empfehlungen reagiert und bereits damit begonnen, entsprechende Maßnahmen für zukünftige Endspiele zu formulieren und umzusetzen.

Hintergrund der damaligen Ausschreitungen, bei denen seitens der Pariser Polizei auch Pfefferspray zum Einsatz kam, waren unter anderem lange Wartezeiten an den Einlasskontrollen. Die Schuldfrage konnte bis heute nicht vollständig geklärt werden. Die UEFA veröffentlichte im Anschluss an die Partie Meldungen über „tausende gefälschte Tickets“ und zu spät angereisten Fans. Augenzeugen und vor dem Stadion befindliche Journalisten berichteten damals gegenteilig und sprachen von schlechter Organisation im Kontext der Einlasskontrollen sowie von bereits langen Warteschlangen weit im Vorfeld der Anstoßzeit.

Am Stade de France kam es beim letzten Champions League-Finale zu massiven Problemen am Einlass. Bild: Stadionwelt

Ziel der in einem Aktionsplan aufgestellten Maßnahmen ist es, das Stadionerlebnis bei Club- und Nationalmannschaftswettbewerben zukünftig mit der Hilfe einer Ausweitung von bereits bestehenden Sicherheitsvorkehrungen für alle Zuschauer und Zuschauerinnen sicherer zu gestalten. Die Maßnahmen sollen dabei sämtliche Aspekte der Planung und Durchführung von UEFA-Endspielen abdecken. Neben operativen Standardverfahren sollen auch die Bewerbungsanforderungen für potenzielle Ausrichter sowie die internen Kontrollmechanismen so überarbeitet und ausgeweitet werden, dass ein sicheres und einladendes Umfeld geschaffen werden kann und eine zuvorkommende Behandlung aller Stadionbesucher gewährleistet ist. Dazu zählt auch eine bessere Zugänglichkeit zu den Stadien für Kinder, ältere Menschen sowie Menschen mit Behinderung.

Neben der Orientierung an den aufgestellten Empfehlungen des Prüfungsausschusses wurde seitens der UEFA auch der Dialog mit Fanvertretungen gesucht. Hauptsächlich wurde in diesem Kontext die Fanorganisation Football Supporters Europe (FSE) herangezogen. Ziel dieser Vorgehensweise ist es, die Fans in der Zukunft stärker in den Planungs- und Durchführungsprozess von Endspielen mit einzubeziehen. In diesem Zusammenhang haben gemäß einer im Januar 2023 zwischen der UEFA und FSE getroffenen Grundsatzvereinbarung bereits Vertreter von FSE an Vorbereitungsbesuchen von Austragungsorten teilgenommen. Da die Blickrichtung von Fangruppen für die UEFA bezüglich möglicher Verbesserungen von großem Nutzen ist, sollen zukünftig auch Fanumfragen durchgeführt sowie Berichte erstellt werden, die das Verbesserungspotenzial aus der Fansicht heraus abbilden. Zusätzlich werden laut UEFA-Angaben im Rahmen zukünftiger Endspiele Fanvertreter im Einsatz sein, die das Fanerlebnis dokumentieren sollen. Des Weiteren soll es zur Benennung und zum Einsatz von Behindertenbeauftragten kommen, mit deren Hilfe die Finalisten in puncto Kommunikation und Koordinierung in Bezug auf für die Fans mit Beeinträchtigungen getroffenen Vorkehrungen unterstützt werden können.

Neben den Vertretern der Fanszene soll auch das Sicherheitspersonal bei kommenden Finals erhöht werden. Eine weitere bereits in Kraft getretene Maßnahme ist, dass die UEFA-internen Projektverantwortlichen von externen Sachverständigen in den Bereichen Sicherheit und Datenanalyse unterstützt werden.

Wie die UEFA verkündet, sind auch weiterhin ortsspezifische Kenntnisse und Erfahrung für die Durchführung von Endspielen unverzichtbar. Daher will sich der Verband auch zukünftig auf die Kenntnisse und Zuständigkeiten der ortsansässigen Behörden, Stadionbetreiber und Ausrichterverbände stützen.

Des Weiteren sollen auch Maßnahmen getroffen werden, die auf die Konsolidierung bestehender Prozesse und Partnerschaften abzielen. Hierzu zählt unter anderem auch die verpflichtende Einhaltung des im Zuge der UEFA EURO 2016 geschlossenen Saint-Denis-Übereinkommens. Dieses beinhaltet einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fußballspielen. Die Verpflichtung zur Einhaltung der festgelegten Grundsätze gilt schon ab dem Bewerbungsverfahren und muss auch dann eingehalten werden, wenn das Austragungsland das Übereinkommen nicht unterzeichnet hat.

Zudem hat die UEFA eine Beobachterrolle im Ausschuss für Sicherheit und Schutz bei Sportveranstaltungen des Europarates eingenommen. Dieser Überprüft die Einhaltung des Übereinkommens und berät nationale Regierungen bei der Verbesserung der geltenden Gesetze in diesem Bereich.

UEFA-Generalsekretär Theodore Theodoridis stellt die Entschlossenheit der UEFA heraus, Endspiele zukünftig zu einem besseren, serviceorientierteren Erlebnis für die Zuschauer und Zuschauerinnen zu gestalten: „Bei der UEFA sind wir fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass jeder Fußballfan den Auftritt seiner Mannschaft bei einem UEFA-Endspiel in einem sicheren und einladenden Umfeld genießen kann. Wir haben umfassende operative Maßnahmen umgesetzt, denen die Empfehlungen des unabhängigen Untersuchungsausschusses und die wertvollen Anregungen von Fanorganisationen zur Verbesserung der Sicherheit bei den Endspielen unserer Club- und Nationalmannschaftswettbewerbe zugrunde liegen. Durch die Umsetzung der in unserem Aktionsplan aufgeführten empfohlenen Vorgehensweisen und die Fortführung des Dialogs mit Fangruppen wollen wir sicherstellen, dass alle Beteiligten unsere Veranstaltungen in einer sicheren, inklusiven und angenehmen Atmosphäre genießen können. Wir schätzen diese Zusammenarbeit und werden sie fortsetzen, damit sich jeder Fan verstanden, einbezogen und respektiert fühlt.“

Seitens der Fanvertretung FSE spricht Geschäftsführer Ronan Evain seine Zuversicht in Bezug auf die stärkere Einbindung von Fans aus: „Wir begrüßen das Engagement der UEFA, die Empfehlungen der unabhängigen Untersuchung sowie die anderen operativen Änderungen zur Verbesserung der Sicherheit und des Servicelevels für alle Fans bei UEFA-Endspielen umzusetzen. Wir haben die stärkere Einbeziehung von Fans im Laufe des letzten Jahres aus erster Hand miterlebt und schätzen die zunehmende Berücksichtigung von Faninteressen im Vorfeld von Endspielen. FSE wird sich weiter für die Fans einsetzen, um sicherzustellen, dass die bewährten, im Aktionsplan dargelegten Praktiken auch von den Vereinen übernommen und während der gesamten Saison umgesetzt werden.“

Die Maßnahmen im Überblick:

Empfang von Fans bei UEFA-Endspielen

  • Begleitung und Treffen von Vorkehrungen: Prüfung der Zahl von anreisenden Fans; Einrichtung von Fanzonen; ggfs. Bereitstellung von Großbildschirmen für Übertragung.
  • Empfang in der Austragungsstadt: Bereitstellung weiterer Ressourcen zur Verbesserung des Fanempfangs; Verbesserung von Information und Anleitung der Fans auf dem letzten Kilometer vor dem Stadion; Platzierung von Personal an allen Drehkreuzen.
  • Kommunikation: Einbindung der Fanorganisationen in die Kommunikationsstrategie; Nutzung aller Kommunikationskanäle aller Organisationen zur Übermittlung wichtiger Nachrichten.
  • Stadionbeschilderung: Angemessene Beschilderung der wichtigsten Stadioneingänge.
  • Medizinisches und Erste-Hilfe-Personal: Gute Sichtbarkeit an den Drehkreuzen und Umlaufbereichen des Stadions.

Stärkere Fanbeteiligung bei der Planung

  • Netzwerk von Fanorganisationen: Klar definierte Abläufe für die Einbeziehung der Fans im Rahmen der Planung und Durchführung; FSE-Vertreter werden in operative Teams am Spieltag integriert; Teilnahme der FSE-Vertreter an Debriefings.
  • Zusammenarbeit mit Finalisten: Abstimmung von Sicherheitsvorkehrungen und operativen Planungen.
  • Fanarbeit: Fanorganisationen und Ordner als zentraler Bestandteil der UEFA-Kommunikationsstrategie; Benennung von Fan- und Behindertenbeauftragten.
  • Fans mit Behinderungen: Sicherstellung von angemessener Zahl behindertengerechter Einrichtungen im Stadion; Verbesserung der Standards, Stadionkapazitäten und Dienste zugunsten von Fans mit Behinderungen.
  • Behindertenbeauftragte: Ernennung von UEFA-Behindertenbeauftragen für jedes Endspiel; Einbeziehung von Partnerorganisationen zur Beurteilung und Dokumentation von Verbesserungspotenzial.

Abstimmung und gemeinschaftliches Arbeiten

  • Zusammenarbeit: Prozess zur Optimierung der Kooperation und Kommunikation mit Veranstaltern und Polizeibehörden; Definition der Zuständigkeiten.
  • Polizei: Austausch von Informationen und Erfahrungen.
  • Krisenmanagement: Überprüfung der bestehenden Notfall- und Krisenpläne seitens der UEFA; Neue Kontrollgruppe zum schnellen Eingriff.
  • UEFA-Verfahren zur Nachbereitung von Spielen: Entwicklung einer neuen analytischen und objektiven Grundlage.

Serviceorientierter Ansatz für Sicherheitsvorkehrungen und Organisation

  • Erweiterte Aufsichtsfunktion: Erweiterte Aufsichtsfunktionen der UEFA bei der Durchführung von Endspielen (begünstigt die Zusammenarbeit zwischen UEFA, Veranstaltern, Behörden und anderen Akteuren vor Ort).
  • Due Diligience: Entwicklung eines neuen Verfahrens zur Überprüfung UEFA-interner Aktivitäten und Aktivitäten der an der Durchführung von Endspielen vor Ort beteiligten Akteure; Proaktives Agieren der UEFA bei Meinungsverschiedenheiten; Dokumentation aller Aspekte von Sicherheitsaufsicht, Risikobewertung, Konfliktlösung und Genehmigungen; Durchführung von unabhängigen Audits zur Überprüfung von Annahmen im Hinblick auf Mobilität und Zuschauerflüssen.
  • Klarstellung von Zuständigkeiten: Schärfere Definition der Rollen; Zusätzliche Aufsichtsbefugnisse der UEFA-eigenen Sicherheitsabteilung.
  • Bewerbungsverfahren: Verpflichtende Einhaltung aller Sicherheitsvorkehrungen des Saint-Denis-Übereinkommens.
  • Saint-Denis-Übereinkommen: Empfehlungen der UEFA an den Europarats, wie die Einhaltung des Übereinkommens auch in der Planungsphase besser überwacht und durchgesetzt werden kann.
  • Überwachung der Einhaltung des Saint-Denis-Übereinkommens: Regelmäßige Prüfung, ob sich die Ausrichterländer von UEFA-Endspielen an die Grundsätze des Übereinkommens halten.
  • Behördenübergreifende Planung: Auftrag von Berichten zur Modellierung von Zuschauerströmen; Klare Kriterien für die Erstellung künftiger Berichte.
  • E-Tickets: Zukünftig noch Tickets in digitaler Form; Tickets in Papierform nur noch für Problemlösungen vor Ort.
  • CCTV-Bildmaterial: Neues Verfahren zur Verhinderung der Vernichtung von CCTV-Bildmaterial (Hintergrund: Das CCTV-Bildmaterial des CL-Endspiels 2022 wurde unmittelbar nach Spielende vernichtet).
  • Wissensaustausch: Proaktiver Kontakt zwischen UEFA und Polizeikommandanten und ggfs. Regierungsvertretern sowie Ministern zur Förderung des Austauschs relevanter Informationen und Erfahrungen

Inwieweit die beschlossenen Maßnahmen bereits umgesetzt wurden und welchen Einfluss das überarbeitete Konzept der UEFA zukünftig auf ein sichereres und angenehmeres Stadionerlebnis für die Zuschauer und Zuschauerinnen haben wird, lässt sich Anfang Juni 2023 feststellen. Die Ausrichter der diesjährigen Finalspiele der UEFA-Club-Wettbewerbe im Atatürk Olympiastadion in Istanbul (Champions League), in der Puskás Aréna in Budapest (Europa League) und in der Eden Aréna in Prag (Conference League) dürfen als erste unter Beweis stellen, dass die Maßnahmen umsetzbar sind und einen Mehrwert zum Stadionerlebnis beitragen. Spätestens bis zum Finale der UEFA EURO 2024 in Berlin sollte das neue Konzept letztlich erprobt sein. (Faszination Fankurve, 09.05.2023)

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