Commando Cannstatt äußert Kritik am Vorgehen des VfB Stuttgart

Der VfB Stuttgart lief am gestrigen Samstag erstmals in einem Pflichtspiel mit einem Anbieter für Onlinepoker und Sportwetten aus Frankreich als Hauptsponsor auf den eigenen Trikots auf. Das Commando Cannstatt veröffentlichte dazu eine Stellungnahme.

Spruchband des Commando Cannstatt zum neuen Hauptsponsor. Bild: cannstatter-kurve.de

Unter dem Titel „Werte & Moral unseres VfB – ein reines Glücksspiel?!“ kritisieren die Ultras des VfB Stuttgart die Wahl des neuen Hauptsponsors auch im Hinblick auf das Leitbild, das sich der VfB gegeben hat.

Spruchband der Schwabensturm Ultras zum neuen Hauptsponsor. Bild: cannstatter-kurve.de

Beim DFB-Pokalspiel bei der TSG Balingen im Stadion an der Kreuzeiche präsentierte das Commando Cannstatt passend dazu ein Spruchband, auf dem ebenfalls „Werte & Moral unseres VfB – ein reines Glücksspiel?!“ geschrieben stand. Die Schwaben Ultras ergänzten ein Plakat, auf dem „VfB: Schaut, dass die Saison nicht als Memevorlage für den neuen Trikotsponsor dient!“ zu lesen war.

Spruchband des Commando Cannstatt nach dem Todesfall in Athen. Bild: cannstatter-kurve.de

Mit einem “Killers in our movement are killing our movement!” kritisierte das Commando Cannstatt zudem den Einsatz von Waffen bei Auseinandersetzungen unter Ultras. Dies geschah im Hinblick auf den toten AEK Athen-Fan nach Auseinandersetzungen mit Panathinaikos- und Dinamo Zagreb-Hooligans. (Faszination Fankurve, 13.08.2023)

SSV Reutlingen-Ultras begrüßten VfB-Fans in ihrem Stadion. Bild: cannstatter-kurve.de

Schwabensturm Ultras bewarben Crowdfunding-Aktion der FSV Zwickau-Fanszene. Bild: cannstatter-kurve.de

Rauchaktion der VfB-Ultras in Reutlingen. Bild: cannstatter-kurve.de

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Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme des Commando Cannstatt:

„Werte & Moral unseres VfB – ein reines Glücksspiel?!“

Vor gut einem Jahr, Ende Juni 2022, veröffentlichte der VfB ein Leitbild inklusive Positionspapier zu verschiedenen Themen. Unterzeichnet von Präsidium, Vorstand, Aufsichtsrat und Vereinsbeirat stieß dies bei einer breiten Öffentlichkeit auf positive Resonanz. In vielen Bereichen seines Wirkens handelte der VfB absolut glaubwürdig und im Sinne seiner Mitglieder und Fans. Sei es durch ein klares Bekenntnis zur 50+1-Regel oder dem geschlossenen und wirksamen „Nein“ zu einem Investoreneinstieg bei der DFL. Auch gesellschaftliches Engagement war weiterhin gut sichtbar zu erkennen und gipfelte zuletzt gar in der Gründung der VfB-Stiftung „Brustring der Herzen“.

Doch kürzlich bekam die – mit Blick auf die jüngere Vergangenheit unseres Vereins sicher mühselig wieder aufgebaute – Glaubwürdigkeit in Sachen Werte & Moral bei der Verkündung des neuen Hauptsponsors einen schweren Schlag. Es liegt dabei weniger an einer falschen Erwartungshaltung der Fans. Hätte man aus Sicht des Vorstands nicht selbst eine moralische Fallhöhe aufgebaut, von Partnern geredet, „bei dem auch die Werte passen müssen“ und gemeint, „dann ist nicht der allerletzte Euro entscheidend“, wäre dann das Echo ebenso heftig ausgefallen?

Ab sofort und für die nächsten drei Jahre wirbt der VfB auf seinen Trikots für die Firma Winamax, einen Anbieter für Onlinepoker und Sportwetten aus Frankreich. Selbst in der Veröffentlichung des VfB ist noch die Rede davon, dass man durch diese Partnerschaft höhere Einnahmen generiert „ohne dafür finanziell deutlich höher dotierte Angebote aus Regionen annehmen zu müssen, die nicht zu unseren Werten passen.“ Doch von welchen Werten ist hier die Rede? Wie passt ein Glücksspielanbieter wie Winamax zu den im Leitbild festgehaltenen Werten des VfB?

„Wir stehen für Fairplay und übernehmen Verantwortung – beim Fußball, in der Gesellschaft und im Umgang mit unserer Umwelt. Wir leben klare Werte vor und lassen uns an ihnen messen.“ (VfB Leitbild / Werte)¹

An dieser Stelle ist mit Sicherheit keine Abhandlung von seitenlangen Studien zum Thema Glücksspiel nötig. Die Berichterstattung ist eindeutig. Spielsucht stellt ein ernsthaftes gesamtgesellschaftliches Problem dar, welches auch in Deutschland Hunderttausende in problematisches Suchtverhalten, in teils schwere Verschuldung bis hin zum Suizid treibt.

Der VfB ist in den Mitteilungen sehr bemüht darum, das Bild eines seriösen Sponsors zu zeichnen. Doch selbst wenn man den bewusst provokanten Social Media-Auftritt von Winamax² sowie die Kontroversen rund um das Ende der Partnerschaft mit Girondins Bordeaux³ und die Probleme in Granada⁴ vorerst bei Seite legt, bleibt als Kern der Problematik festzuhalten, dass die Branche am Verlust ihrer Kunden verdient. Plakativ gesprochen: Um das Sponsoring beim VfB zu amortisieren, müssen normale Leute je nach Quellenlage zwischen 6,5 und 8,5 Millionen Euro an Winamax verlieren! Dass die Branche außerdem oftmals in Verbindung mit großangelegtem Wettbetrug auch in unserer Sportart steht und zudem immer wieder dem Vorwurf der Geldwäsche ausgesetzt ist, kommt noch erschwerend hinzu. Spätestens in dem Moment, in dem ich als VfB den neuen Sponsor aus moralischen Gründen nicht auf die Kindertrikots drucken kann oder will, muss das Bild des seriösen Sponsors eigentlich bröckeln.

Es geht hier weniger um eine Schwarz-weiß-Debatte und auch nicht um den Diskurs, was denn nun ein guter und was ein schlechter Sponsor ist. Vielmehr geht es um das glaubwürdige Eintreten für Werte, Moralvorstellungen und die vielzitierte gesamtgesellschaftliche Vorbildfunktion als größter Sportverein der Region. Man hatte – wie viele andere Clubs und Verbände auch – in den vergangenen Jahren öfters kleinere Partner aus dem Sportwettenbereich, man wirbt auch für Alkohol. Doch statt ein Vorbild in der Entwicklung in die richtige Richtung zu sein, geht nun ausgerechnet unser VfB den nächsten Schritt und wirbt für die nächsten Jahre plakativ auf dem Brustring für eine solch fragwürdige, umstrittene Branche. Eine Kritik, der sich nicht nur der Vorstand der AG annehmen sollte, sondern auch der e.V.-Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende Claus Vogt. Vogts Kandidatur stützte sich stark auf seine Rolle als Gründer und ehemaliger Vorstand des „FC PlayFair!“. Ebendieser „FC PlayFair!“ ist Mitglied im „Bündnis gegen Sportwettenwerbung“ und betreibt bereits seit längerem Aufklärungsarbeit, was diese Problematik angeht. Die Gemengelage muss Vogt also bekannt gewesen sein und ein klares Eintreten für die Werte des VfB und die Interessen der Mitglieder wäre vonseiten des obersten gewählten Vereinsvertreters an dieser Stelle ein Muss gewesen.

„Wir stehen für klare Werte, die in unserem Leitbild verankert sind und uns Orientierung im Handeln nach innen und außen geben.“ (VfB Leitbild / Werte)

Es ist der Status quo, dass es im Profifußball in erster Linie ums Geld geht. Daran hat trotz aller Beteuerungen auch Corona nichts geändert. Es ist verständlich, dass es in der aktuellen Weltlage eine große Herausforderung ist, einen potenten Sponsor für einen sportlich nicht gerade glänzenden Bundesligisten zu finden. Aber muss man für zwei oder drei Millionen mehr im Jahresumsatz, das Vertrauen in gelebte Werte und Moralvorstellungen unseres Vereins bei vielen Fans und Mitgliedern in Frage stellen? Es wurde, wie eingangs bereits geschrieben, seit Veröffentlichung des Leitbildes nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten die Hoffnung untermauert, dass die darin auferlegten Werte im Verein und bei den Verantwortlichen gelebt werden. Umso verwunderlicher wirkt auf uns beim Blick auf das Leitbild die Wahl des neuen Hauptsponsors. Es steht nun auf einmal doch wieder die Frage im Raum, ob Werte und Moral bei unserem VfB wirklich in jeglicher Form gelebt werden oder nur dann, wenn es passt und somit zum reinen Glücksspiel verkommen?

Quellen:

1: https://leitbild.vfb.de/home/werte

2: https://twitter.com/WinamaxSport/status/1686814126171947008

3: https://insidersport.com/2022/01/17/bordeaux-ends-winamax-deal-over-tweets-not-in-partnership-spirit/

4: https://www.spox.com/de/sport/fussball/international/spanien/2009/Artikel/fc-granada-wird-von-eigenem-hauptsponsor-vorgefuehrt.html

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