Urteil: Polizeieinsatz gegen Werderfans in Wolfsburg war rechtswidrig

Im Urteil vom 31. Januar 2024 hat das Verwaltungsgericht Braunschweig festgestellt, dass die Polizeischikanen gegen Bremer Fans am Wolfsburger Hauptbahnhof im Vorfeld des Saisonauftakts 2022/23 zum Großteil rechtswidrig waren.

Werder-Fans im Polizeikessel in Wolfsburg. Bild: wanderers-bremen.de

Am 6. August 2022 waren hunderte Fans von Werder Bremen mit dem Zug zum Bundesligaspiel beim VfL Wolfsburg gereist. Am Hauptbahnhof erwartete die Fans eine groß angelegte „Kontrollstelle“ der zuständigen Polizeidirektion Braunschweig, die „aus gefahrenabwehrrechtlichen Gründen“ eingerichtet worden sei, „um Auseinandersetzungen von Fangruppierungen zu verhindern“. Dabei wurden die Fans durchsucht und ihre Personalien aufgenommen. Zusätzlich wurde ihnen ein Aufenthaltsverbot für das Stadtgebiet ausgesprochen, sodass sie nur in Polizeibegleitung zum Stadion gelangen konnten. Die Fanszene des SVW verwehrte diese Kontrollen und reiste noch vor Spielbeginn wieder zurück nach Bremen.

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Das Gericht hat mehrere polizeiliche Maßnahmen von diesem Tag nun als rechtswidrig eingestuft und damit einer Bremer Anhängerin Recht gegeben. Das betrifft die Feststellung der Identität der Klägerin, die Durchsuchung der Klägerin und ihrer Sachen, das ausgesprochene Aufenthaltsverbot sowie die Erhebung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit den beanstandeten Maßnahmen. Durch den Gerichtsbeschluss muss die Polizei diese Daten nun löschen. "Ein Sieg für die Werder-Fans auf ganzer Linie. Nun ist gerichtlich festgestellt, dass sie in Wolfsburg rechtswidrig behandelt worden waren. Möge dieses Urteil des Verwaltungsgerichts den betroffenen Fans Genugtuung verschaffen", kommentierte die Grün-Weiße Hilfe das Urteil am Donnerstag. Die Klage, dass die eingerichtete Kontrollstelle an sich rechtswidrig war, hat das Verwaltungsgericht jedoch abgewiesen. Auch das Verfahren gegen den Einsatz einer Drohne durch die Polizei stellte das Gericht ein, nachdem der Einsatzführer dargelegt hatte, dass die Klägerin mit der Drohne auf dem Bahnhofsvorplatz nicht beobachtet werden konnte.

Die Polizei hatte erst im August 2023, ein Jahr nach dem Vorfall, ein Teilanerkenntnis vor Gericht abgegeben und damit eingeräumt, dass sie in vier der sechs beanstandeten Maßnahmen durch die Klägerin rechtswidrig gehandelt habe. "Dass die Polizei sogar nach der Entschuldigung von Innenminister Pistorius nicht zugeben wollte, rechtswidrig gehandelt zu haben, und dies erst im Gerichtsverfahren eingeräumt hat, spricht leider für eine mangelnde Fähigkeit zur Selbstkritik", kritisierte die Grün-Weiße Hilfe. (Faszination Fankurve, 09.02.2024)

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Faszination Fankurve dokumentiert die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Braunschweig:

Fan-Kontrollen vor Bundesligaspiel: Polizei erkennt Fehler an
BRAUNSCHWEIG. Im Prozess wegen polizeilicher Maßnahmen gegen Fans des SV Werder Bremen vor dem Bundesligaspiel beim VfL Wolfsburg im August 2022 hat die Polizei vor dem Verwaltungsgericht förmlich anerkannt, dass sie zum Teil rechtswidrig gehandelt hat. Das Verwaltungsgericht hat daraufhin mit Urteil vom 31. Januar 2024 festgestellt, dass die polizeilichen Maßnahmen insoweit rechtswidrig waren. Im Übrigen hat das Gericht die Klage teilweise abgewiesen und das Verfahren zum Teil eingestellt.

Am 6. August 2022 fand in Wolfsburg ein Spiel der 1. Fußballbundesliga zwischen dem VfL und dem SV Werder Bremen statt. Die in Bremen wohnende Klägerin, ein Fan des SV Werder, reiste am Spieltag mit Freunden und Bekannten in einem Regionalzug an. Nach dem Eintreffen des Zuges im Wolfsburger Hauptbahnhof kam es zu einem umfangreichen Polizeieinsatz, bei dem alle anreisenden Werder-Fans und damit auch die Klägerin Kontrollen unterzogen wurden. Zur Begründung des Einsatzes vertrat die Polizei seinerzeit die Auffassung, es habe Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung gegeben. Mit ihrer vor dem Verwaltungsgericht gegen die Polizeidirektion Braunschweig erhobenen Klage wollte die Klägerin erreichen, dass das Gericht die Rechtswidrigkeit verschiedener Maßnahmen der Polizei feststellt, zu denen es im Rahmen der Kontrollen gekommen war. Unter anderem wandte sich die Klägerin dagegen, dass Polizeibeamte sie durchsuchten und ein Aufenthaltsverbot für das Stadtgebiet aussprachen. Außerdem beantragte sie, die Polizei zu verpflichten, die erhobenen personenbezogenen Daten zu löschen bzw. zu vernichten. Insgesamt richtete sich die Klage gegen 6 Maßnahmen der Polizei.

Die Polizeidirektion hat im Prozess vor der zuständigen 5. Kammer des Verwaltungsgerichts anerkannt, dass sie in 4 von 6 Punkten rechtswidrig gehandelt hat. Soweit ein Anerkenntnis der Polizei vorliegt, hat die Kammer im Rahmen eines sogenannten Teilanerkennungsurteils festgestellt, dass die Maßnahmen rechtswidrig gewesen sind. Dies betrifft die folgenden Punkte:

· die Feststellung der Identität der Klägerin
· die Durchsuchung der Klägerin und ihrer Sachen
· das auch gegenüber der Klägerin ausgesprochene Aufenthaltsverbot für das Wolfsburger Stadtgebiet
· die Erhebung von personenbezogenen Daten der Klägerin im Zusammenhang mit den beanstandeten Maßnahmen; insoweit hat das Gericht festgestellt, dass die Daten zu löschen bzw. zu vernichten sind.

Soweit die Klägerin beantragt hatte festzustellen, dass die am Hauptbahnhof wegen des Fußballspiels eingerichtete Kontrollstelle der Polizei rechtswidrig war, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es dazu im Urteil: Bei der Anordnung einer polizeilichen Kontrollstelle handele es sich um eine innerdienstliche Weisung, die gerichtlich nicht eigenständig überprüfbar sei. Die Rechtmäßigkeit einer solchen Anordnung sei bei der gerichtlichen Überprüfung derjenigen Maßnahmen mit zu prüfen, die die Polizei im Rahmen der Kontrollstelle vornehme, also z.B. bei der Überprüfung der Identitätsfeststellung. Im Ergebnis führt also die Rechtswidrigkeit einer Kontrollstelle zur Rechtswidrigkeit auch der dort getroffenen polizeilichen Maßnahmen. Hier habe die Polizei die Rechtswidrigkeit der an der Kontrollstelle getroffenen Maßnahmen aber bereits anerkannt.

Ursprünglich richtete sich die Klage auch gegen den Einsatz einer Drohne durch die Polizei. Insoweit haben die Klägerin und die Polizei das Verfahren für erledigt erklärt, nachdem der Einsatzführer dargelegt hatte, dass die Klägerin auf dem Bahnhofsvorplatz mit der Drohne gar nicht beobachtet werden konnte. Das Gericht hat das Verfahren daher insoweit eingestellt.

Die Polizei hatte das Teil-Anerkenntnis bereits im August 2023 im Rahmen eines nicht öffentlichen Erörterungstermins im Gericht abgegeben, seinerzeit also schon vor Gericht eingeräumt, dass 4 der von der Klägerin beanstandeten Maßnahmen rechtswidrig waren. Das abschließende Urteil, mit dem das Gericht die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen nach dem Anerkenntnis der Polizei festgestellt hat und noch über die Rechtmäßigkeit der Kontrollstelle entscheiden musste, ist am 31. Januar 2024 ohne mündliche Verhandlung ergangen. Die Beteiligten hatten zuvor auf eine Verhandlung verzichtet. Das Urteil wurde ihnen jetzt zugestellt.

Die Kammer hat die Berufung nicht zugelassen. Die Beteiligten können beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg die Zulassung der Berufung beantragen, soweit sie das Verfahren nicht für erledigt erklärt haben.

(Urteil vom 31.01.2024, Aktenzeichen 5 A 346/22)

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