Als die Polizei zahlreiche 96-Fans im Heimblock durch Reizgas verletzte

Im 18. Türchen des diesjährigen Adventskalenders blicken wir zurück auf den 05. November, als Hannover 96 zum Niedersachsenderby Eintracht Braunschweig empfing. Dabei sollen in der ersten Halbzeit mehrere Fans der Heimmannschaft durch den polizeilichen Einsatz von Pfefferspray verletzt worden sein.

Polizisten beobachten den Fanmarsch von Hannover 96.
Polizisten beobachten den Fanmarsch von Hannover 96. Bild: Unterwegs in Sachen Fußball

Wie die Fanhilfe Hannover mitteilte, sei es schon während des Fanmarschs im Vorlauf der Partie zu Provokationen durch Polizeibeamte gekommen. Am Eingang zur Nordkurve des Niedersachsenstadions sei „es einzig und alleine der besonnenen Handlung der Fanszene durch Ansprachen zu verdanken“, dass es nicht zu einer Massenpanik gekommen sei. „Provokant im Fanmarsch platzierte Einsatzstaffeln, verzögerter und limitierter Einlass am Nordvorplatz und dutzende Beamte im Bereich der Heimkurve sorgten bereits im Vorfeld der Partie für ein angespanntes Verhältnis zwischen Fans und Polizei“, berichtete die Fanhilfe vom Geschehen am Niedersachsenstadion.

In der ersten Halbzeit seien laut Angaben der Fanhilfe zahlreiche Hannover 96-Fans durch Pfefferspray der Polizei verletzt worden. „Beamte, die unter dem Einsatz körperlicher Gewalt willkürlich in vollbesetzte Fanblöcke eindringen und hiermit sowohl Verletzungen als auch Massenpaniken billigend in Kauf nehmen, sind im Jahr 2023 derart antiquierte Einsatztaktiken, dass hier eine klare Aufarbeitung stattfinden muss“, findet die Fanhilfe Hannover.

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Umstrittene Polizei-Einsätze im Jahr 2023 im Rückblick:

Im kommenden Sommer steht die Europameisterschaft 2024 in Deutschland an. Wie schon bei der Weltmeisterschaft 2006 beobachten Fußballfans im Ligaalltag eine Zunahme von Repressionen und überharten Einsätzen der Polizei in und um die Stadien. Im diesjährigen Adventskalender von Faszination Fankurve schauen wir auf die umstrittenen Polizei-Einsätze im Kalenderjahr 2023.

Zuletzt häuften sich Einsätze an Spieltagen, die von betroffenen Ultras, aber auch von anderen Fans in den Stadien als überhart, überzogen oder völlig daneben eingestuft werden. Bundesweit fanden solche Vorfälle zuletzt medial Beachtung. Weil, anders als im Jahr 2006, mittlerweile in vielen Fanszenen sogenannte Fanhilfen entstanden sind, findet die Sicht von aktiven Fußballfans in der Berichterstattung regelmäßiger Aufmerksamkeit. Wie schon beim letzten Großturnier in Deutschland vor über 17 Jahren sind von umstrittenen Einsätzen vor allem Fußballfans betroffen, die ihre Mannschaft zu Auswärtsspielen begleiten. Dieser Adventskalender zeigt, dass solch umstrittene Einsätze der Exekutive keine Einzelfälle sind. (Faszination Fankurve, 18.12.2023)

Faszination Fankurve dokumentiert die Pressemitteilung der Fanhilfe Hannover:

Pressemitteilung zum Niedersachsenderby Hannover 96 - Eintracht Braunschweig

Bereits Wochen vor dem Niedersachsenderby musste die Fanhilfe Hannover feststellen, dass bei der angesetzten Partie ein Rückfall in alte Zeiten erfolgen würde. Seitens der Polizei Hannover wurde im Vorfeld ein derart realitätsfernes Sicherheitskonzept vorgestellt, dass die Behörden von Woche zu Woche weiter davon abrücken mussten. Dies geschah einerseits, weil die Umsetzbarkeit nicht gewährleistet werden konnte, andererseits, weil hier billigend Eskalationen von bekannten Lagen in Kauf genommen wurden.

Aus diesen Maßnahmen erfolgte dennoch im Vorfeld ein gemeinsam mit Hannover 96 entwickeltes Maßnahmenpaket, welches die Verantwortung dafür auf Hannover 96 abgab und in der Woche vor der Partie zu einem neuen Konfliktfeld zwischen der Fanszene von Hannover 96 und der Profifußballgesellschaft führte. Dies wäre durchaus vermeidbar gewesen und hat im Nachgang auch das beabsichtigte Ziel (Verhinderung des Einsatzes von Pyrotechnik) komplett verfehlt. An dieser Stelle müssen sich die Verantwortlichen bei Hannover 96, allen voran Martin Kind, zurecht hinterfragen, ob dieses neue Konfliktfeld für die Zukunft nicht deutlich mehr Schaden als Nutzen in der Kommunikation mit der Fanszene verursacht hat. Wie so oft sind die eigentlichen Verursacher, die Behörden, an dieser Stelle fein raus.

Die Fanhilfe Hannover fordert hier eine klare Aufarbeitung innerhalb der Strukturen von Hannover 96. "Wir können den Unmut innerhalb der aktiven Fanszene und auch den Abbruch eines Dialogs nachvollziehen. Wir appellieren hier allerdings weiterhin im konstruktiven Austausch zu bleiben." so ein Sprecher der Fanhilfe Hannover.

Überholte Einsatztaktiken der Polizei führten dann am Spieltag zu diversen Provokationen gegenüber der Heimfanszene, die letztendlich nur in Eskalationen fußen konnten. Provokant im Fanmarsch platzierte Einsatzstaffeln, verzögerter und limitierter Einlass am Nordvorplatz und dutzende Beamte im Bereich der Heimkurve sorgten bereits im Vorfeld der Partie für ein angespanntes Verhältnis zwischen Fans und Polizei. Insbesondere beim Eintreffen des Fanmarsches am Niedersachsenstadion war es einzig und alleine der besonnenen Handlung der Fanszene durch Ansprachen zu verdanken, dass bei den tausenden wartenden Fans vor den  Stadiontoren keine Massenpanik ausgelöst wurde. Seitens der Polizei wurden hier trotz Lautsprecherwagens keine deeskalierenden Hinweise gegeben.

Im Verlauf der ersten Halbzeit kam es im Bereich der Nordkurve des Niedersachsenstadions zu einem unverhältnismäßigen Einsatz der eingesetzten Polizeikräfte. Infolgedessen wurden zahlreiche Zuschauer und Zuschauerinnen durch den Einsatz von Reizgas verletzt. Die Fanhilfe Hannover kritisiert dieses Vorgehen aufs Schärfste. Es entbehrt jeglicher Realität einerseits, Schutzräume und Deeskalation im Vorfeld der Partie zu kommunizieren und am Spieltag komplett divergent zu agieren.  Beamte, die unter dem Einsatz körperlicher Gewalt willkürlich in vollbesetzte Fanblöcke eindringen und hiermit sowohl Verletzungen als auch Massenpaniken billigend in Kauf nehmen, sind im Jahr 2023 derart antiquierte Einsatztaktiken, dass hier eine klare Aufarbeitung stattfinden muss.

Daniela Behrens muss sich hier als oberste Dienstherrin die unangenehme Frage stellen lassen, wie eine Einsatzleitung am Spieltag außerhalb des Stadions  überhaupt eine Lagebeurteilung vornehmen kann. Darüber hinaus möchten wir der Innenministerin empfehlen, sich bereits im Vorfeld einer solchen Partie mit der Materie zu befassen. Sich im Nachgang mit den bekannten populistischen und inhaltsleeren Worthülsen den Medien zu stellen, wird auch in Zukunft nicht dazu beitragen, Eskalation wie am Sonntag zu vermeiden, sondern eher Feindbilder festigen.

"Innenministerin Daniela Behrens täte gut daran, sich vielleicht in Gänze mit der komplexen Thematik zu befassen, ehe sie ebenfalls unqualifiziert in das selbe Horn ihres Vorgängers stößt. Spieltage und auch die Vorbereitungen dieses Derbys wurden von sozialpädagogischen Diensten des Landes begleitet, deren deeskalierende Empfehlungen weitesgehend ignoriert wurden. Es ist uns unbegreiflich, wie das Land Niedersachsen Fanprojekte mit großer Expertise unterhält und dessen Lagebeurteilungen grundsätzlich unterbewertet oder bewusst ignoriert." führt ein Sprecher der Fanhilfe Hannover aus.

Die Fanhilfe Hannover wird im Nachgang rechtliche Schritte gegen verantwortliche Beamte prüfen und betroffenen Fans Hilfestellung in der Durchsetzung ihrer Rechte geben.

Fanhilfe Hannover, 06.11.2023

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