Als die Polizei wiederholt Gästefans nach Spielende im Saarbrücker Gästeblock einsperrte

Im 13. Türchen des diesjährigen Adventskalenders blicken wir zurück auf den 06. August 2023, als der FC Hansa Rostock bei der SV Elversberg im Saarbrücker Ludwigsparkstadion gastierte. Nach Spielende sperrte die Polizei die Gästefans hier für etwa 30 Minuten im Gästeblock ein. Nur fünf Tage später machten die Fans des Karlsruher SC nach Abpfiff des DFB-Pokal-Spiels gegen den 1. FC Saarbrücken hier ähnliche Erfahrungen.

Die Blau Weiß Rote Hilfe (BWRH) sprach im Nachhinein in einer Pressemitteilung von „einem fragwürdigen und unverhältnismäßigen Polizeieinsatz“, weil die Polizei nach Abpfiff am Gästeblock „ohne Ankündigung oder erkennbaren Grund die Tore des Stadionausgangs“ verschlossen habe.

Die Polizei schilderte ihre Sicht der Dinge wie folgt: „Erst nach Spielende wurde ein massives Eingreifen der Polizei erforderlich, als Gästefans ihren Block vorzeitig verließen und auf eine größere Anzahl Problemfans des 1. FC Saarbrücken trafen. Nach Spielende sollte eine größere Zahl von Fans aus Rostock durch Polizeikräfte zum Saarbrücker Hauptbahnhof begleitet werden. Dazu kommunizierte die Polizei über Lautsprecherdurchsagen die anstehende Öffnung der Tore des Gästeblocks. Eine größere Gruppe von Saarbrücker Fans hatte sich jedoch in der Camphauser Straße versammelt und erwartete dort die Fans aus Rostock, so dass sich die Öffnung des Tores kurz verzögerte. Mit körperlicher Gewalt und dem Werfen von Gegenständen versuchten die Fans aus Rostock das noch verschlossene Tor zu öffnen. Dadurch wurden auch einige Einsatzkräfte verletzt. Trotz mehrerer Durchsagen der Polizei gelang es nicht, die Fans zu beruhigen, weshalb weitere Einsatzkräfte hinzugezogen werden mussten. Als es den Rostocker Fans schließlich gelang, das Tor gewaltsam zu öffnen, kam es zum Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock.

Die BWRH widersprach den Angaben der Polizei deutlich: „Der im Rahmen einer Pressemitteilung durch die Polizei behauptete Anlass der Maßnahme, dass der Gästeblock vorzeitig verlassen worden sei, um Auseinandersetzungen mit in der Nähe wartenden Saarbrücker Fans zu suchen, entbehrt jeglicher Grundlage. Ebenso die Behauptung, dass es nur zu einer kurzen Verzögerung bei der Toreöffnung gekommen sei. Die Einsatzleitung entschuldigte sich vor Ort vielmehr mittels Lautsprecherdurchsage sowie in persönlichen Gesprächen mit aufgebrachten Fanvertretern dafür, trotz Ankündigung, die Tore in zwei Minuten zu öffnen, wesentlich mehr Zeit verstreichen und Gewalt gegen anwesende Hansafans eingesetzt zu haben“

Daher zeige sich aus Sicht der Blau Weiß Roten Hilfe erneut, dass die Polizei als Organ der Exekutive nicht gleichzeitig als Medium auftreten dürfe. Die Gewaltenteilung werde durch die einseitige Berichterstattung der Polizei komplett ausgehebelt. So sei für die BWRH äußerst fraglich, wie viele Polizeibeamte überhaupt verletzt worden seien und inwieweit dies mit dem eigenen Einsatz von Pfefferspray zusammenhängen könnte.

Das Einsatzkonzept der Sicherheitsorgane in Saarbrücken stand nach dem Spiel des 1. FC Saarbrücken gegen den Karlsruher SC innerhalb weniger Tage erneut in der Kritik. Bild: dwidswoch

Im Nachgang des DFB-Pokal-Spiels vom 1. FC Saarbrücken gegen den Karlsruher SC kam es nur fünf Tage später zu ähnlichen Szenen mit den Gästefans und der Saarbrücker Polizei. Die Fanhilfe Karlsruhe schrieb in einer Stellungnahme: „Bei unserem Gastspiel in Saarbrücken am vergangenen Freitag entschloss sich der Ordnungsdienst dazu, die Tore des Gästeparkplatz ohne ersichtlichen Grund zu schließen, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits etliche Gästefans den Bereich verlassen hatten. Hinzu kommt, dass die Polizei den Vorplatz zur Straße ebenfalls abgesperrt hatte. Aus Frust über die Schließung des Tores machten sich einige KSC-Fans selbständig an die Öffnung, was ein massiven Einsatz des Ordnungsdienstes und in dessen Folge einen Einsatz der Polizei mit Pfefferspray und einigen Verhaftungen nach sich zog. [...] Aus offensichtlichen Fehlern scheint man in Saarbrücken nicht gelernt zu haben.“

Umstrittene Polizei-Einsätze im Jahr 2023 im Rückblick:

Im kommenden Sommer steht die Europameisterschaft 2024 in Deutschland an. Wie schon bei der Weltmeisterschaft 2006 beobachten Fußballfans im Ligaalltag eine Zunahme von Repressionen und überharten Einsätzen der Polizei in und um die Stadien. Im diesjährigen Adventskalender von Faszination Fankurve schauen wir auf die umstrittenen Polizei-Einsätze im Kalenderjahr 2023.

Zuletzt häuften sich Einsätze an Spieltagen, die von betroffenen Ultras, aber auch von anderen Fans in den Stadien als überhart, überzogen oder völlig daneben eingestuft werden. Bundesweit fanden solche Vorfälle zuletzt medial Beachtung. Weil, anders als im Jahr 2006, mittlerweile in vielen Fanszenen sogenannte Fanhilfen entstanden sind, findet die Sicht von aktiven Fußballfans in der Berichterstattung regelmäßiger Aufmerksamkeit. Wie schon beim letzten Großturnier in Deutschland vor über 17 Jahren sind von umstrittenen Einsätzen vor allem Fußballfans betroffen, die ihre Mannschaft zu Auswärtsspielen begleiten. Dieser Adventskalender zeigt, dass solch umstrittene Einsätze der Exekutive keine Einzelfälle sind. (Faszination Fankurve, 13.12.2023)

Weitere News - News Deutschland

News Deutschland

Dynamo-Fans berichten von „drohender Eskalation im Gästeblock des Jahnstadions“

Dynamo Dresden gastierte am gestrigen Samstag im Jahnstadion beim SSV Jahn Regensburg. Die Schwarz-Gelbe Hilfe kritisierte im Nachgang des Auswärtsspiels das Vorgehen von Polizei und Ordnungsdienst im Gästeblock. An den Zugängen zu den einzelnen Blöcken seien behelmte Einsatzkräfte der Polizei im Einsatz gewesen. mehr

News Deutschland

Zweiteilige Choreografie zu 5 Jahren Ultras Energie & gelber Rauch

11.532 Fans kamen am gestrigen Samstag ins Stadion der Freundschaft, um die Regionalliga Nordost-Partie zwischen dem FC Energie Cottbus und dem 1. FC Lokomotive Leipzig zu sehen. Die Ultras Energie feierten bei dem Spiel ihren fünften Geburtstag mit einer zweiteiligen Choreografie. mehr

News Deutschland

„Bremer Gästeempfang: Albi-Angriff & Rückwärtsgang“

Nachdem Ultras von Werder in der Vorwoche die mit dem ICE angereiste Reisegruppe rund um die Schwabensturm Ultras in Bremen angriffen haben, zeigten die Ultras des VfB Stuttgart beim Auswärtsspiel in Leverkusen am gestrigen Samstagabend ein Spruchband zum Thema. mehr