Appell der Ultras Hannover: „Ultras, lasst die Fernzündungen sein!“

Die Ultras von Eintracht Braunschweig und Hannover 96 ärgerten sich zuletzt gegenseitig mit Pyrotechnik, die im Block des Rivalen jeweils via Fernzündung angemacht wurde. In ihrem Spieltagsflyer äußerten sich die Ultras von Hannover 96 selbstkritisch zu diesem Thema.

Beim Derby gegen Eintracht Braunschweig veröffentlichten die Ultras Hannover unter der Überschrift „Rache oder Demütigung? - Eine Reise durch die Moralvorstellungen der Ultras der Neuzeit“ einen Text im eigenen Flyer, in dem sie die Folgen der Aktion der Braunschweig-Fans sowie der eigenen Reaktion kritisch hinterfragten.

Die Gruppe ging dabei auf die Konsequenzen und Risiken ein, die durch Aktionen mit Fernzündung auch in Hinblick auf Sicherheitsbehörden und Terroranschlägen in Stadien entstehen könnten. Zudem fragten sich die Ultras aus Hannover selbstkritisch, welche Risiken für die Subkultur der Ultras mit solchen Aktionen verbunden ist. (Faszination Fankurve, 17.11.2023)

„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat den größten Fernzünder im ganzen Land?“-Spruchband der Ultras von Hannover 96.
„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat den größten Fernzünder im ganzen Land?“-Spruchband der Ultras von Hannover 96. Bild: Unterwegs in Sachen Fußball

Faszination Fankurve dokumentiert den Text der Ultras von Hannover 96:

Rache oder Demütigung? - Eine Reise durch die Moralvorstellungen der Ultras der Neuzeit

Im Wettbewerb der Fanszenen geht es seit jeher darum, den Gegner zu übertrumpfen, zu blamieren oder gar vollends zu demütigen. Dieses Spiel treibt junge passionierte Fans dazu, immer aufwändigere Choreografien zu basteln, krassere Pyroaktionen umzusetzen und immer noch einen draufsetzen zu wollen - und das alles im Zeitalter der Social Media Wertschätzung.

Auch wenn sich die Subkultur Ultra des Öfteren in Grauzonen bewegt und die Grenze des Machbaren immer wieder ein wenig überschritten wird, kann man das Rad dann aber irgendwann nicht mehr so einfach neu erfinden. Also versucht man neue Wege zu gehen.

Seit Jahren gab es in unserer Fanszene die Idee, doch einfach mal die eigenen Farben per Pyroaktion im Block des Gegners erleuchten zu lassen. Allein schon die Vorstellung und die Frage im Anschluss, „Wieso zündet denn die Szene XY eigentlich schwarz-weiß-grünen Rauch?“, sorgte immer für wahnsinnige Belustigung. Doch wo neue Wege gegangen werden, stellt sich auch irgendwann die Frage: Wo führen diese eigentlich hin?

Diese Frage beantwortete sich unsere Szene schon vor mehreren Jahren damit, dass mögliche Fernzündungen einerseits lustig und blamabel für die Opfer sind, andererseits sind sie aber auch feige, hinterhaltig und entsprechen nicht unseren Werten von Wettbewerb zwischen Fanszenen.

Der Empfänger ist nicht in der Lage, sich davor zu schützen sowie eigenständig und aus eigenen Mitteln zu verhindern. Die Szene ist wehrlos. Klar kann man vorher paranoid den Block und äußere Gegebenheiten absuchen, aber dann werden die Verstecke einfach besser und zwangsläufig führt das dazu, dass die Staatsmacht sowie die Vereine und deren Institutionelle die Blöcke absuchen und Einlasskontrollen nochmals energischer durchgeführt werden.

Spinnt man diese Gedanken weiter, sind erstens vrsl. eine handvoll Leute dazu in der Lage, eine ganze Szene zu blamieren. Dann kann Heidenheim bald einfach bei jeder Szene in Deutschland eine Fernzündung machen und der Gegner wurde mies gefickt?

Zweitens wird dieses Verstecken von Fernzündungsutensilien, Verkabelung usw. die Sicherheitsspirale aufs Massivste weiterdrehen und anheizen. Und das auch irgendwie zurecht: Wir leben in Zeiten, in denen es immer wieder Terror-Anschläge rund um Fußballspiele gab und niemand will, dass aus einer Fernzündung mit schwarz-weiß-grünem Rauch, irgendwann mal eine Bomben-Fernzündung von Terroristen wird.

Drittens muss man sich die Frage stellen, wie der Trend der Fernzündung mit Rauchtöpfen gesteigert werden kann? Zünden Ultras dann bald La Bombas, eine so massive Menge Rauch, dass Menschen daran zu Schaden kommen, werden Raketen durch die Gegend geschossen oder gar Brandsätze gelegt, die Zaunfahnen zum Ziel haben, die länger als 20 Jahre an den Stadionzäunen dieser Nation hängen?

Jetzt denkt man sich als Leser vermutlich: Große Töne dafür, dass in Elversberg beim Erzrivalen eine große Menge roter Rauch im Block emporkam. Wie immer ist es in unserer Subkultur ein Für und ein Wider.

Man hätte diesen Text nach dem Derby am 19.03.2023 schreiben können und jeder hätte zurecht gedacht. Das ist einfach nur Rumgeheule und Vergangenheitsbewältigung, um die Schmach zu mildern und um anschließend die Moralkeule zu schwingen. Macht es doch erstmal selbst

Nein. Wir konnten es schon vor Jahren, aber wir wollten nicht.

Laut Aussage der ungeliebten Nachbarn östlich von Peine haben ja auch „einige Freaks Monate lang daran gearbeitet“, um die Fernzündung zu realisieren. Wir wissen nicht, ob sie das Kupfer für den Draht per Hand abgebaut und eingeschmolzen haben, aber mit zwei Stunden Internetrecherche und zwei Taschengeldrationen eines Durchschnittsjugendlichen ist es so ziemlich jedem Teilnehmer unserer Gesellschaft möglich, solch ein Vorhaben umzusetzen.

Das zeigt allerdings abermals auf, wie einfach so eine Fernzündung umsetzbar ist und dass dies am Ende jeder kann. Letztendlich wurde unseren Feinden aus der östlichen Provinz einmal ihre eigene Medizin vorgesetzt und ihnen ihren eigens auferlegten Spiegel vorgehalten. Auch in Bezug auf andere Themenfelder dürften sie sich dort gerne oftmals wiedersehen. Das Spruchband à la „Wer hat den Großten" sollte dabei darauf hinweisen, dass wir nicht jeden Schwanzvergleich mitgehen und kommentarlos zulassen werden.

Zusammenfassend:

Ultras, lasst die Fernzündungen sein!

Weitere News - News Deutschland

News Deutschland

Fanmärsche, Fahnenmeer, gelbes Westfalenstadion, 805 kontrollierte Personen, Gedenken & Pyro

Borussia Dortmund gewann das Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen Paris SG am Mittwochabend mit 1:0. Vorm Spiel zogen tausende BVB-Fans in einem Masch vom Westpark zum Westfalenstadion. Auch die Gästefans aus Paris kamen gemeinsam am Stadion an. mehr

News Deutschland

Derby-Aufruf der Nordtribüne Hamburg

Nachdem Ultrà Sankt Pauli bereits einen Treffpunkt für alle FC St. Pauli-Fans für das Stadtderby am Freitag veröffentlichte und einen Fanmarsch ankündigte, zog am Dienstag die Nordtribüne Hamburg nach. mehr

News Deutschland

„Alle in Gelb zum Halbfinale“

Borussia Dortmund empfängt heute im Hinspiel des Halbfinals der Champions League Paris SG im heimischen Westfalenstadion. Das Südtribüne Dortmund-Bündnis hat für das heutige Heimspiel den Dresscode „„Alle in Gelb zum Halbfinale“ ausgerufen. mehr