Südkurve reagiert mit Communiqué auf Auflagenbescheid

Zum Heimspiel des FC Carl Zeiss Jena gegen den 1. FC Lokomotive Leipzig steht ein Maßnahmenkatalog von Polizei und Ordnungsamt im Raum. Mit diesem Auflagenbescheid könnten Fanrechte für Heim- und Gästefans im Ernst-Abbe-Sportfeld in Jena weiter beschnitten werden.

So soll der Zutritt von Fans anderer Vereine als des Gastvereins in den Gästeblock verboten und durch den Einsatz von Szenekundigen Beamten kontrolliert werden. Der aktiven Fanszene des FC Carl Zeiss Jena drohen strenge Kontrollen der eigenen Materialien und der Verkaufsstände, im Beisein der Polizei unter Zuhilfenahme von Spürhunden und verschärfte Einzelkontrollen im Verdachtsfall.

Die Vorfälle bei den Heimspielen gegen den VfL Wolfsburg (DFB-Pokal) und Energie Cottbus dienen der Polizei nun dazu strengere Maßnahmen gegen Fußballfans zu ergreifen. Im Communiqué des Südkurven-Rates wird sich dabei vom „Abschuss von Leuchtspuren in (vorwiegend mit Familien oder Älteren gefüllte) Blöcke der Haupttribüne“ durch FC Energie Cottbus-Fans beim Gastspiel in Jena distanziert. Die Presseberichte zu den Vorfällen beim Pokalspiel gegen Wolfsburg seien theatralisch gewesen. (Faszination Fankurve, 08.12.2022)

Auf Heim- und Gästefans könnten im Ernst-Abbe-Sportfeld weitere Maßnahmen zukommen Bild: horda-azzuro.de

Faszination Fankurve dokumentiert das Communiqué der Südkurve Jena:

Communiqué – Reaktion auf Auflagenbescheid zum Heimspiel gegen LOK Leipzig

In den letzten beiden Wochen tat sich mal wieder ein Nebenkriegsschauplatz für die SÜDKURVE JENA auf, der einer tieferen Auseinandersetzung bedarf.

Mit dem heutigen Tag steht ein Maßnahmenkatalog von Polizei und Ordnungsamt im Raum, der dem FC Carl Zeiss Jena als Veranstalter als Auflagenbescheid für den sportlichen Vergleich mit Lok Leipzig aufgezwungen wurde. Der Hintergrund dessen ist vermeintlich die Auswertung mehrerer Heimspiele unseres Vereins, in deren Zusammenhang erst durch kritikwürdige Öffentlichkeitsarbeit und Polizeiberichte im Nachgang Umstände in Verbindung mit dem Verhalten der aktiven Fanszene öffentlich dramatisiert wurden.

In der Presse war hierbei in der vergangenen Woche vom Ergebnis eines offenen Dialogs mit Sicherheitsbehörden, Bedenkenträgern und der aktiven Fanszene die Rede. Davon distanzieren wir uns vollumfänglich. Wir haben nach der ersten für uns überraschenden Pressemitteilung vom 21. November 2022 gegenüber Vertreter:innen der Spielbetriebs GmbH deutlich gemacht, dass die aufgeführten Maßnahmen grundsätzlich dem gesunden Menschenverstand hinsichtlich eines geordneten und für alle Besucher sicheren Stadionerlebnisses widersprechen. Vielmehr erkennen wir eine eindeutige Schuldzuweisung für Versäumnisse Dritter zu Lasten der SÜDKURVE, die wir nicht unkommentiert lassen dürfen.

Maßgeblich ursächlich für die Entwicklungen sind offensichtlich Vorfälle bei den Heimspielen gegen den VfL Wolfsburg am 30.07.2022 und den FC Energie Cottbus am 28.09.2022. Auf Kommentare zu den theatralischen, mit etwas Abstand beinahe komödiantischen Presseberichten zum erstgenannten Spiel verzichten wir. Allen Verantwortlichen im Verein, der Spielbetriebs GmbH und des Stadionbetreibers haben wir mitgeteilt, dass eine Vorverurteilung und medialer Aktionismus nichts mit blaugelbweißem Zusammenhalt gemein hat.

Bevor wir einzelne Punkte des o.g. Maßnahmenkatalogs aufgreifen, möchten wir an dieser Stelle deutlich machen, dass wir als verantwortungsbewusste Ultras, engagierte Fanszene und aktive Mitglieder nicht Partei ergreifen für die Teile des Cottbusser Anhangs, die mit dem Abschuss von Leuchtspuren in (vorwiegend mit Familien oder Älteren gefüllte) Blöcke der Haupttribüne Verletzungen in Kauf genommen haben. Die Aktion erwies allen fanszeneübergreifenden Bestrebungen, den Einsatz von Pyrotechnik zu entkriminalisieren, einen Bärendienst und verdient keine anderen Prädikate als würdelos und feige.

Die SÜDKURVE JENA kritisiert folgende angekündigte Maßnahmen in aller Schärfe und bezieht hierzu Stellung:

Materialkontrolle (durch Fanbeauftrage und Security) im Beisein der Polizei, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Spürhunden

Das hohe Maß an Vertrauen zwischen der Fanszene und den Fanbeauftragten ist Ergebnis mehrjährigen respektvollen Umgangs miteinander. Die Polizei ist hierfür schlicht nicht zuständig, der Einsatz von Spürhunden menschenunwürdig. Die damit verbundene Auferlegung der Kosten zu Ungunsten des FCC kommt einem schlechten Scherz nahe. In Reihen der gewerblichen Security arbeiten regelmäßig bekennende Feinde unseres Vereins, der aktiven Anhängerschaft und dem Weltbild weiter Teile der Anhängerschaft. Es ist und bleibt eine rote Linie, ebenso wie das Akzeptieren der Stigmatisierung von materialtragenden und –verwendenden Anhängern.

Kontrolle unserer Verkaufsstände durch Security, Polizei und Spürhunde

Auch mit einem Höchstmaß an Fantasie ist nicht ersichtlich, warum dieser selbstverwaltete Bereich durchsucht werden soll. Für uns verdichtet sich die Annahme, dass die Verkaufsbude im Übergangsblock stellvertretend für den Schaffens- und Wirkungsbereich der SÜDKURVE nun regelmäßig einer grundlosen und ebenso kriminalisierenden Maßnahme unterzogen werden soll.

Punktuell verschärfte Einzelkontrollen beim Verdachtsmoment im Einlassbereich

In diesem Punkt wird der Weg für Individualkontrollen in sichtgeschützten Bereichen geebnet und die Verhältnismäßigkeit mit Füßen getreten! Die Einlasskontrollen sind grundsätzlich  Aufgabe der vereinseigenen oder gewerblichen Ordner. Es entbehrt auch objektiv jegliche Grundlage, warum FCC-Fans fortan der Willkür von Einsatzleitern von Polizei und Security ausgesetzt werden sollen, weil rein subjektive Verdachtsmomente vorliegen. Wer definiert den „Verdachtsmoment“ und noch konkreter: wie definieren sich die im Raum stehenden Einzelkontrollen? Gerade vor dem Hintergrund zum Teil menschenunwürdiger Personenkontrollen im Rahmen von Fußballspielen in den letzten Jahren muss diese geplante Maßnahme nicht nur aus Sicht der Anhängerschaft entschieden abgelehnt werden.

Verbot des Zutritts von Fans anderer Vereine als des Gastvereins in den Gästeblock, Einsatz von SKBs zur Identifizierung

Die hiermit geplante Maßnahme ist höchstgradig respektlos und diskriminierend gegenüber einer jeden Fanszene, unabhängig vom Verhältnis zum FCC. Fanfreundschaften gehören seit Jahrzehnten zum Fußball und wir werden nicht zulassen, dass in Jena der Grundstein für ein pauschales Aussperren der mitgereisten Freunde von Gastvereinen gelegt wird. Unabhängig von der generellen Ablehnung dieser neuen Repressions-Qualität schreit der geplante Einsatz von Szenekundigen Beamten zur Aussortierung von Zuschauern nach einem nicht hinnehmbaren Überhöhen polizeilicher Zuständigkeiten.

Wir zweifeln in aller Deutlichkeit an der Kompetenz von Sicherheitsbehörden, die zur Einschätzung kommen, dass durch diese Maßnahmen verhindert werden soll, dass Gästeanhänger Leuchtraketen in Heimbereiche schießen. Der Begriff Sippenhaft wirkt untertrieben, führt man sich die extrem konfliktträchtige und in dieser Form bundesweit einmalige Vorgehensweise vor Augen. Beim Blick in jedes andere Fußballstadion wird deutlich, wie unlogisch und maßlos fehlgeleitet schon allein der Gedanke an eine solche Maßnahme ist.

Wie bewerten die Urheber des Repressionskatalogs die eigene Arbeit in Vorbereitung des Cottbus-Spiels oder dass sich Auswechselspieler eines Gastvereins (Wolfsburg) in Abwesenheit ihrer Mannschaftskollegen und des Sicherheitsdienstes Wortgefechte mit Zeiss-Fans liefern und im Nachgang die Lügen von Hetzjagden kursieren? Und: Wer bewertet selbstkritisch, dass Zuschauer mit offen zur Schau getragenen Fanutensilien rivalisierender Vereine Zutritt zum Heimbereich bekommen?

Bei so viel Abwegigkeit könnte man auch zum konspirativen Schluss gelangen, dass hier bewusst Fehler gemacht wurden, um eskalierende Situationen zu ermöglichen, eine Repressionsgrundlage zu schaffen und eine kritische, progressive Fanszene zu drangsalieren – das sparen wir uns an dieser Stelle.

Die reine Androhung, die vorgenannten Maßnahmen durchführen zu können, überschreitet eine rote Linie, ist unbegründet repressiv und nicht nur für die Jenaer Fanszene, sondern auch alle zukünftigen Gästeanhänger eine diskriminierende Zumutung! Die aktive Fanszene behält sich eine konsequente und geschlossene Reaktion auf die Maßnahmen vor.

Wir fordern weiterhin die offiziellen Vertreter:innen (kraft Amt und/oder Anstellung) der FC Carl Zeiss Jena Spielbetriebs GmbH und des FC Carl Zeiss Jena e.V. dazu auf, in Zukunft Haltung zu zeigen und zu bewahren und keine derartigen Repressalien für die Anhänger des Clubs zu akzeptieren.

Es muss endlich Schluss damit sein, dass sich dutzende Menschen nach jedem noch so kleinen Vorfall im Ernst-Abbe-Sportfeld im Aktionismus überbieten und die eigene Anhängerschaft diffamieren. Dieser Umstand ist nicht nur unwürdig, sondern überdies peinlich. Es ist an der Zeit, den Kräften im Fußball nüchtern und klar zu begegnen, welche jede Gelegenheit (so wie diese, aktuell) nutzen, um Keile in den Verein und gewachsene Konstellationen/Strukturen zu treiben. Wir können weder die einmalige Anwendung, noch die Etablierung solcher bodenlosen Sicherheitsmaßnahmen hinnehmen und werden einer traurigen Vorbildwirkung auch für andere Fußballstadien entschlossen entgegentreten.

SÜDKURVE-RAT DES FC CARL ZEISS JENA

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme der Blau-Gelb-Weißen Hilfe zum Thema:

KRITIK AM AUSSCHLUSS BEFREUNDETER GÄSTEFANS – PRESSEMITTEILUNG DER BLAU-GELB-WEISSEN HILFE E.V. VOM 09.12.202

Die Blau-Gelb-Weiße-Hilfe e.V. kritisiert den Maßnahmenkatalog der Stadt Jena für das kommende Spiel gegen Lok Leipzig, der eine Vielzahl bisher nicht gekannter repressiver Maßnahmen enthält. Insbesondere die Bestimmung, mit der „Gäste von Gästen“ der Zutritt zum Stadion verwehrt werden soll, ist unverhältnismäßig und intransparent.

Aufgrund eines durch die Stadt Jena verfassten Maßnahmenkatalog soll zum kommenden Spiel des FC Carl Zeiss Jena gegen Lok Leipzig neben weiteren Maßnahmen durchgesetzt werden, dass Anhänger:innen von mit dem Gästeverein befreundeten Mannschaften nicht in das Stadion gelassen werden.

Eine solche Maßnahme ist nicht nur einmalig, sondern auch unverhältnismäßig, intransparent und willkürlich.

Grundsätzlich ist es eine persönliche Entscheidung, zu welchem Verein man sich bekennt, welchem Verein man anhängt und welchen Verein man vor Ort unterstützen möchte. Auch Fanfreundschaften gehören seit Jahrzehnten zur Normalität von Fußballfans auf der ganzen Welt. Ein Hausverbot allein aufgrund der (vermeintlichen) Zugehörigkeit zu einem anderen Verein ist bereits deshalb nicht nachvollziehbar, erst recht dann, wenn es sich um Anhänger befreundeter Fanszenen handelt. Die angedachte Maßnahme wird auch nicht dadurch besser, dass das Verbot allein auf Grund der Einschätzung durch sogenannte „Szenekundige Beamte“ der Polizei erfolgen soll. Solche Entscheidungen der Polizei werden sich im Nachhinein kaum überprüfen lassen. Sie sind darüber hinaus besonders fehleranfällig, da die Überprüfung nur am Einlass der Gästefans möglich ist. Daher ist zu befürchten, dass die Entscheidung des Zutritts durch einen einzigen Polizisten innerhalb kürzester Zeit aufgrund nicht nachvollziehbarer Tatsachen getroffen wird. Somit ist die Maßnahme willkürlich.

Die angeordneten Maßnahmen reihen sich ein in eine Vielzahl übergriffiger Maßnahmen der Sicherheitsapparate gegenüber Fußballfans, die erst jüngst im Dachverband der Fanhilfen e.V. auch durch die Blau-Gelb-Weiße-Hilfe kritisiert wurden. Wir erwarten von der Geschäftsführung der Spielbetriebs GmbH, solch einseitigen und fanfeindlichen Bestrebungen durch die Sicherheitsbehörden entschieden entgegenzutreten und sich deutlich in den Reihen der eigenen Vereinsmitglieder zu positionieren.

Eine Übersicht über die Maßnahmen gibt es hier: http://www.horda-azzuro.de/cms/?p=40788

Blau-Gelb-Weiße Hilfe e.V. | 09. Dezember 2022

Weitere News - News Deutschland

News Deutschland

Fanmärsche, Fahnenmeer, gelbes Westfalenstadion, 805 kontrollierte Personen, Gedenken & Pyro

Borussia Dortmund gewann das Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen Paris SG am Mittwochabend mit 1:0. Vorm Spiel zogen tausende BVB-Fans in einem Masch vom Westpark zum Westfalenstadion. Auch die Gästefans aus Paris kamen gemeinsam am Stadion an. mehr

News Deutschland

Derby-Aufruf der Nordtribüne Hamburg

Nachdem Ultrà Sankt Pauli bereits einen Treffpunkt für alle FC St. Pauli-Fans für das Stadtderby am Freitag veröffentlichte und einen Fanmarsch ankündigte, zog am Dienstag die Nordtribüne Hamburg nach. mehr

News Deutschland

„Alle in Gelb zum Halbfinale“

Borussia Dortmund empfängt heute im Hinspiel des Halbfinals der Champions League Paris SG im heimischen Westfalenstadion. Das Südtribüne Dortmund-Bündnis hat für das heutige Heimspiel den Dresscode „„Alle in Gelb zum Halbfinale“ ausgerufen. mehr