„Wir wollen kein seelenloses Drittligafußballstadion“

Der Vorstand der Abteilung „Aktive Fans“ bei Tennis Borussia Berlin hat sich am Mittwoch in einem offenen Brief zum geplanten Stadionumbau des Mommsenstadions, der Heimspielstätte des Vereins, zu Wort gemeldet. Man wolle ein „Stadion für alle“ erhalten und daher mit in den Umbauprozess eingebunden werden. Zudem legen die Initiatoren Wert auf einen nachhaltigen und klimaschonenden Umbau und sprechen sich deutlich gegen den geplanten Einbau einer Rasenheizung aus. (Faszination Fankurve, 20.02.2024)

Faszination Fankurve dokumentiert den offenen Brief des Vorstands der Abteilung „Aktive Fans“ bei Tennis Borussia Berlin e.V.:

Offener Brief: Umbau Mommsenstadion – Nur nachhaltig und fair!

An:
Den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner
Die Senatorin für Inneres und Sport Iris Spranger
Die Staatssekretärin für Sport Franziska Becker
Den Sportausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses
Vertreterinnen und Vertreter der Parteien und Verbände
Vertreterinnen und Vertreter der Presse

Sehr geehrte Mitmenschen,

wir wenden uns an Sie als Abteilung Tennis Borussia Aktive Fans (TBAF) des Fußballvereins Tennis Borussia Berlin (TeBe). Unser Verein spielt mit seinem 1. Männerteam in der 5. Liga, der Oberliga-Nord des NOFV. Mit diesem Schreiben möchten wir unsere Verwunderung und Enttäuschung über die überstürzten baulichen Maßnahmen am Berliner Mommsenstadion zum Ausdruck bringen. Wir schreiben das Jahr 2024, ein Jahr in dem die Europameisterschaft der Männer im Fußball in Deutschland ausgetragen wird, auch Berlin wird im Sommer eine sogenannte Host City sein. Die EM wird vom Bundesumweltministerium als „bisher nachhaltigstes Turnier“ beschrieben und soll „neue Maßstäbe bei der Nachhaltigkeit von Sportgroßveranstaltungen“ setzen.
(Quelle: https://www.bmuv.de/themen/nachhaltigkeit/tourismus-und-sport/nachhaltiger-sport/euro-2024)

Der geplante Umbau des „Mommse“ verfehlt diese Vorgaben komplett und ignoriert die Belange von Nachbarschaft und Vereinen.

Die ansässigen Vereine und Fans haben erst vor kurzem aus der Presse erfahren, dass das Berliner Mommsenstadion im Zuge der Europameisterschaft ertüchtigt werden soll, um das Trainingslager des Österreichischen Fußball-Bundes zu beherbergen. Im selben Atemzug wurden umfangreiche Baumaßnahmen seitens der Berliner Politik angekündigt, die mit der Fußball-EM im Sommer nichts zu tun haben, sondern das Stadion tauglich für die Dritte Liga machen sollen.

Wir Fans und die ansässigen Vereine sind nun unvermittelt gezwungen, für die Zeit bis Ende Juli in eine andere Spielstätte umzuziehen. Dies soll bereits weniger als einen Monat nach der Ankündigung geschehen. Das stellt alle Vereine über das Maß vor große finanzielle wie organisatorische Herausforderungen. Ob alle Vereine nach dem Umbau wieder zurück in das Mommsenstadion können, steht dabei noch gar nicht fest.

Wir hinterfragen zudem die geplanten Baumaßnahmen, diese beinhalten laut Presseinfo unter anderem den Einbau einer Rasenheizung, Einrichtungen für Presse und Fernsehen sowie Stellplätze für Polizei.  Wir als Abteilung Aktive Fans wollen den Umbau nicht verhindern, vielmehr fordern wir, dass wir zusammen mit der Nachbarschaft und den anderen Sportvereinen aus dem Mommsenstadion in den Prozess miteingebunden werden.

Der geplante Stadionumbau entspricht nicht unserer Vorstellung von Nachhaltigkeitszielen, die sich die Stadt Berlin und der Deutsche Fußball-Bund gesetzt haben. Angesichts der drängenden Herausforderungen der Klimakrise und der Umweltzerstörung ist es unerlässlich, dass sämtliche Bauprojekte mit größter Sorgfalt und unter Berücksichtigung ihrer ökologischen Auswirkungen geplant und umgesetzt werden. Eine derart überstürzte Umsetzung kann diesen Zielen keine Rechnung tragen.

Wir finden es besonders inakzeptabel, dass bedeutende Anliegen wie die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung und die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards offensichtlich vernachlässigt werden. Wir sind ebenfalls darüber verwundert, nach welchen Kriterien der Umbau erfolgen soll. Für uns steht das Ziel, das Stadion nachhaltig und barrierearm für die Zukunft zu gestalten, vor einer „Drittliga-Tauglichkeit“. Daher richten wir unseren Appell an Sie, sich aktiv dafür einzusetzen, dass der Umbau des Mommsenstadions im Einklang mit den Werten und Bedürfnissen aller Interessensgruppen erfolgt. Unsere Forderungen für die Zukunft des Mommsenstadions: Ein Stadion für alle!

Das Mommsenstadion soll ein Ort für alle werden. Dazu gehört, die Sorgen und Zweifel der Anwohnenden ernst zu nehmen und ihre Wünsche in den Ausbau miteinfließen zu lassen. Daher fordern wir ein sinnvolles Konzept für An- und Abreise bei Sportveranstaltungen. Neu gebaute Sporteinrichtungen sollen nicht nur für die ansässigen Vereine, sondern auch für die Schulen der Nachbar*innenschaft und das danebenliegende Studierendenwohnheim nutzbar sein. Die Zugänglichkeit und Barrierefreiheit im Stadion müssen verbessert werden. Ein Ausbau der Toiletten und Umkleideräume soll auch Unisex-Einrichtungen beinhalten. Ein Stadion für den Sport!

Wir wollen kein seelenloses Drittligafußballstadion. Das Mommsenstadion muss weiterhin ein Ort für alle Sportler*innen sein, sei es von Tennis Borussia, vom SC Charlottenburg, von TuS Makkabi oder den Freizeitsport.

Wir bevorzugen für die Räumlichkeiten einen Kindergarten, Räume für Lernort Stadion, Fanprojekt und Fanladen gegenüber einer mobilen Polizeiwache! Unverhältnismäßige Sicherheitsmaßnahmen lehnen wir ab und stellen uns damit gegen die Kriminialisierung von Fußballfans. Kameraüberwachung oder ein Arrestzellenblock haben in einem Stadion für alle nichts zu suchen. Das Stadion soll in erster Linie ein Ort für die Sportler*innen und Fans sein. Stellflächen für Fernsehübertragungen, ein Presse- oder VIP Bereich müssen sich in das Stadion einfügen und dürfen dieses nicht dominieren oder dazu führen, dass weite Teile der Anlage nicht mehr betreten werden können. Ein Stadion für die Zukunft!

Nur ein nachhaltiges Stadion ist ein zukunftsfähiges Stadion. Alle Baumaßnahmen sowie zu verwendende Materialien müssen dahingehend überprüft werden. Der Einbau einer Rasenheizung steht für uns konträr zu den erklärten Nachhalitgkeitszielen und stellt für uns darüber hinaus keinen ersichtlichen Nutzen dar, insbesondere in Hinblick auf die damit einhergehenden Kosten des Einbaus und der Instandhaltung.

Maßnahmen zur Energieeinsparung sowie zum Einsparen und Aufbereiten des benutzten Wassers in der Anlage stehen wir sehr offen gegenüber. Tennis Borussia ist als Initiator des Programms „Natürlich Fußball“ ein bundesweiter Vorreiter zum Thema Nachhaltigkeit im Fußball. Diese Erfahrungen und unsere Expertise wollen wir gerne in den weiteren Planungs- und Umsetzungsprozess einbringen und suchen hierzu den Dialog mit Politik, Verwaltung und Sportverbänden. Falls Sie Interesse an einem weiteren Austausch zum Thema haben, wir sind unter tbaf@tebe.de (Tennis Borussia, Abteilung Aktive Fans) erreichbar. Für uns ist klar: Kein Stadionumbau ohne Beteiligung von Vereinen und Nachbarschaft!

Mit lila-weißen Grüßen

Ihr Vorstand der Abteilung „Aktive Fans“ bei Tennis Borussia Berlin e.V.

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