Als die Polizei einem friedlichen Lok-Fan die Nase gebrochen haben soll

Wir blicken im 2. Türchen des diesjährigen Adventskalenders zurück auf den 11. März 2023. Der 1. FC Lokomotive Leipzig gastierte beim FC Rot-Weiß Erfurt im Steigerwaldstadion. Beide Fanlager pflegen eine Freundschaft zu Hallescher FC-Fans. Eine Regionalliga-Spiel mit wenig Brisanz sollte man also meinen.

Lok Leipzig-Fans beim Auswärtsspiel in Erfurt hinter einer "Kämpfen für Leipzig"-Zaunfahne.
Lok Leipzig-Fans beim Auswärtsspiel in Erfurt hinter einer "Kämpfen für Leipzig"-Zaunfahne. Bild: junghanns.fotografie

Wegen der gemeinsamen Freunde war es in den Augen der Lok-Fans ausgeschlossen, dass es beim Auswärtsspiel in Erfurt zu Auseinandersetzungen beider Fanlager kommt. Die Polizei sah dies offenbar anders und rückte trotzdem u.a. mit einem Wasserwerfer an. Ein Fanmarsch der Lok Leipzig-Fans wurde verboten. Außerdem soll die Polizei einem friedlichen Lok-Fan per Faustschlag die Nase gebrochen haben. (Faszination Fankurve, 02.12.2023)

Umstrittene Polizei-Einsätze im Jahr 2023 im Rückblick:

Im kommenden Sommer steht die Europameisterschaft 2024 in Deutschland an. Wie schon bei der Weltmeisterschaft 2006 beobachten Fußballfans im Ligaalltag eine Zunahme von Repressionen und überharten Einsätzen der Polizei in und um die Stadien. Im diesjährigen Adventskalender von Faszination Fankurve schauen wir auf die umstrittenen Polizei-Einsätze im Kalenderjahr 2023.

Zuletzt häuften sich Einsätze an Spieltagen, die von betroffenen Ultras, aber auch von anderen Fans in den Stadien als überhart, überzogen oder völlig daneben eingestuft werden. Bundesweit fanden solche Vorfälle zuletzt medial Beachtung. Weil, anders als im Jahr 2006, mittlerweile in vielen Fanszenen sogenannte Fanhilfen entstanden sind, findet die Sicht von aktiven Fußballfans in der Berichterstattung regelmäßiger Aufmerksamkeit. Wie schon beim letzten Großturnier in Deutschland vor über 17 Jahren sind von umstrittenen Einsätzen vor allem Fußballfans betroffen, die ihre Mannschaft zu Auswärtsspielen begleiten. Dieser Adventskalender zeigt, dass solch umstrittene Einsätze der Exekutive keine Einzelfälle sind. (Faszination Fankurve, 02.12.2023)

Faszination Fankurve dokumentiert das Statement der Fanszene Lokomotive Leipzig zum Gastspiel in Erfurt:

STATEMENT ZUM GASTSPIEL IN ERFURT!

Hallo liebe Lokfans,

diverse Vorfalle rund um das Gastspiel unseres 1 FC Lok in Erfurt haben uns dazu bewegt diese Zeilen zu schreiben und uns damit öffentlich zu Wort zu melden.

Beim Spiel in Erfurt wurde in unseren Augen das Sicherheitskonzept von RWE auf Herz und Nieren getestet. Ein voller Erfolg für Polizei und Rot- Weiß, denn jetzt ist euer Sicherheitskonzept auch Lokgetestet. Im Vorfeld des Spiels wurde eine Sicherheitskonferenz in Erfurt abgehalten, bei welcher man es nicht für nötig erachtete, einen Vertreter von Lok einzuladen. Auf dieser Sicherheitskonferenz wurde schon klargestellt, dass man die blau-gelbe Anhängerschaft nicht zum Stadion laufen lassen möchte. Wir haben unser Glück trotzdem versucht und wurden wieder einmal vom Leben belehrt. Wer hat auch etwas Anderes erwartet? Das polizeiliche Aufgebot in Erfurt war verhältnislos. Die Krönung stellte der Wasserwerfer dar, welcher uns vom HBF Erfurt bis zum Steigerwaldstadion begleitete. Für was gibt es sogenannte Szenekundige Beamte, wenn bei irgendwelchen privilegierten Sesselfurzern nicht einmal ankommt, dass wir einen Tag zuvor noch mit Erfurtern, beim Spiel des Halleschen Fußballclubs, in der gleichen Kurve standen? Hier nochmal klar und deutlich, damit es demnächst auch beim letzten Freund und Helfer ankommt: Leipziger und Erfurter pflegen beide eine Freundschaft zu den aktiven Fans des Halleschen FCs. Dass es in Erfurt zu Problemen mit der Heimseite kommen könnte, ist quasi ausgeschlossen.

Kommen wir gleich zur Bilanz des Tages- wir haben einen abgesagten Fanmarsch, der nie abgesagt wurde. Weder von uns noch von Geschäftsführer Martin Mieth. Dieser wurde einzig und allein von der Polizei verhindert Die Ansage, dass man sich am Stadion frei bewegen darf, stellte sich natürlich als Lüge heraus - Beleidigende Beamte, die sich in ihrer Unverhältnismäßigkeit so bestätigt fühlen, dass sie friedlichen Lokfans die Nase per Faustschlag brechen, obwohl diese lediglich nach dem Spiel zu ihrem Auto wollten.

Im Allgemeinen war die Androhung von Gewalt durch Polizisten den ganzen Tag über präsent. Eine Identifikationsfeststellung am HBF Leipzig, von mehr als 40 Personen, aufgrund EINER angeblichen Sachbeschädigung setzte dem Tag die Krone auf. Dass diese nicht ohne eine Gewalteskalation der Beamten von statten ging, sollte nicht unerwähnt bleiben. Werte Polizei - ihr seid Teil des Problems und nicht die Lösung. Ihr macht aus Opfern Täter. Ihr schafft Misstrauen und bildet ein Feindbild gegenüber denjenigen, die eigentlich für unsere Sicherheit sorgen sollten.

Kommen wir nun zu uns, denn auch Teile der mitgereisten Fans haben sich einige Fehltritte geleistet, die so nicht zu akzeptieren sind. Unser Verein ist derzeit auf Bewährung. Sollte diese Bewährung in eine Strafe umschlagen, droht dem Verein ein Geisterspiel im Saisonfinale. Ein Geisterspiel würde einen hohen wirtschaftlichen Schaden für unseren Verein bedeuten. Wir versuchen uns hier immer wieder im Zaum zu halten und sind mit unseren Maßnahmen äußerst erfolgreich Umso mehr ist es für uns nicht nachvollziehbar, wenn Einzelpersonen, welche nur zu Spitzenspielen der Loksche fahren unsere Arbeit für den Verein mit ihrem Handeln kaputt machen. Es ist fast schon Tradition, dass es immer wieder Leute schaffen uns als Fans und dem Verein in einer Sinnlosigkeit zu schaden, die bemerkenswert ist. Wir sind nicht gegen Pyrotechnik und sehen jene als Stilmittel der Ultrabewegung an. Pyro ist aber ein Mittel welches in der Kurve unterstützend eingesetzt worden sollte und nicht stumpf zur eigenen Belustigung. Immer wieder worden Rauchtöpfe oder Rauchlackeln ohne nachzudenken abgebrannt und alles verflüchtigt sich wie Schall und Rauch. Das sieht weder gut aus, noch unterstützt es in irgendeiner Form die Stimmung im Stadion.

Kommen wir zum Thema Boller Böller sind eine Gefahr für jeden, der im Block steht. Wenn euch euer idiotisches Knallgerät aus der Hand rutscht ist es eine unglaubliche Gefahr für jeden, der um euch herumsteht. Hat der Vorfall 2016 gegen Red Bull nicht gereicht? Damals erlitt Rene Gruschka eine schwere Verletzung durch einen neben ihm explodierenden Böller und hatte Ewigkeiten damit zu tun. Wollt Ihr dafür verantwortlich sein, dass ein Mensch sein ganzes Leben mit Einschränkungen zu kämpfen hat, weil ihr es cool findet im Stadion Silvester zu feiern? Boller gehören in kein Stadion! Umso schlimmer ist es, dass gestern ein Böller einen halben Meter neben unserem eigenen Fotografen explodiert ist. Ganz davon abgesehen, dass sich 3-5 Meter weiter unsere Wechselspieler auf ihren Einsatz vorbereiteten. Lasst eure scheiß Knaller demnächst einfach zu Hause.

Dasselbe gilt für Raketen und Leuchtspuren. Nach dem Derby im Mai 2022 haben wir diesen Umstand mit dem Verein zusammen aufgearbeitet und intern nochmal ganz klar die Grenze gezogen, dass dies kein Mittel unserer Bewegung im Stadion ist! Ein anderes Thema ist die Klorandale. Im Schutz der Masse werden immer wieder Toiletten demoliert. Niemand hat etwas davon, wenn ihr eure Wut an einem wehrtosen Scheißhaus auslasst. Was es bringt: Lok steht weiterhin für Randale und ein selbstbestimmtes Handeln bei Auswärtsspielen wird uns weiterhin verwahrt bleiben. Das bringt Niemanden irgendetwas und sorgt nur dafür, dass sich die Situation immer weiter zuspitzt. Es ist schlichtweg dumm! Mal ganz davon abgesehen, dass man wortwörtlich kotzen könnte, wenn man auf die Toilette kommt und dort nur noch Schutt und Asche vorfindet. Lasst den Scheiß einfach bleiben.

Unser Appell an euch: Wenn euch wirklich etwas an unserem Fußballclub liegt, dann gebt 90 Minuten 120 % auf den Rangen. Bringt eure Energie dort ein, wo sie wirklich gebraucht wird, bei der Unterstützung unsere Mannschaft. Das schont die Clubkasse und bringt uns wahrlich nach vorne!

Fanszene Lokomotive im März 2023

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