„Völlig undifferenziert berichtet“: FC Hansa lässt Zeitzeugen die Plattenbau Rostock-Choreografie einordnen

Im Zuge der bundesweiten Diskussion über die Choreografie der Gruppe Plattenbau Rostock beim Heimspiel des FC Hansa gegen den FC St. Pauli hat der Verein ein Interview mit Dr. Wolfgang Richter veröffentlicht.

Richter war von 1991 bis Dezember 2009 Ausländerbeauftragter der Hansestadt Rostock. 1992 war er bei den Ereignissen in Lichtenhagen dabei. Er harrte während der Angriffe mit den vietnamesischen Bürgern im Sonnenblumenhaus aus und flüchtete mit ihnen gemeinsam über das Dach vor den Flammen.

Die Zaunfahne der Gruppe Plattenbau Rostock zeigt ebenfalls u.a. das Sonnenblumenhaus aus Lichtenhagen.
Die Zaunfahne der Gruppe Plattenbau Rostock zeigt ebenfalls u.a. das Sonnenblumenhaus aus Lichtenhagen. Bild: Unterwegs-in-Sachen-Fussball

Auf die Frage, wie er die umstrittene Choreografie am vergangenen Samstag empfunden habe, antwortete Richter: „Ich habe zu Beginn des Spiels einige Bilder aus dem Stadion gesehen, dabei konnte ich auch bei einer Kameraeinstellung das große Banner der Choreografie sehen - und in dem Moment war es für mich völlig in Ordnung, was da zu sehen war. Da hat der Fanclub ‚Plattenbau Rostock‘ aus verschiedenen Nordwest-Stadtteilen Häuser gezeigt, die eben diese Stadtteile symbolisieren. Und was symbolisiert Lichtenhagen? Natürlich das Sonnenblumenhaus! Ein, zwei Tage später, als ich die Artikel in der ‚Süddeutschen‘ oder ‚FAZ‘ gelesen hatte, habe ich mich allerdings zunehmend geärgert, dass dort völlig undifferenziert berichtet wurde und ohne offensichtlich nachzufragen: ‚Was sind das für Leute, die die Choreo gemacht haben? Was hat sie dazu bewogen? Mit welchem Hintergrund und welcher Haltung machen sie das?‘. Da wird die Keule ‚rassistische Gewalt wird verherrlicht‘ rausgeholt und über den Verein und auch die Stadt Rostock geschwungen.“

Choreografie zum 13. Geburtstag der Gruppe Plattenbau Rostock.
Choreografie zum 13. Geburtstag der Gruppe Plattenbau Rostock. Bild: Unterwegs-in-Sachen-Fussball

Er habe vom Fanclub Plattenbau Rostock auch in der Vergangenheit schon gehört und gewusst, dass sie neben anderen markanten Häusern aus dem Rostocker Nordwesten auch das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen nutzen. „Ich habe auch mit einem Freund gesprochen, der 1992 im ‚JAZ‘, dem Jugendalternativzentrum, mit dabei war. Er hat sich damals mit mir zusammen und anderen Leuten, die mit im Sonnenblumenhaus waren, maßgeblich bei der Unterstützung der Vietnamesen engagiert. Und dieser Freund ist regelmäßig auf der Südtribüne und war es auch bei diesem Spiel. Er hat auch das Gespräch mit Leuten aus dieser Fangruppierung gesucht, weil er den persönlichen Bezug zu Lichtenhagen hat. Und er hat mir auch bestätigt, dass ‚rassistische Gewalt zu verherrlichen‘ zu keinem Zeitpunkt die Intention dieser Leute war“, so Richter im Interview auf der Vereinswebseite weiter.

Zum Hintergrund:

Die Blockfahne mit den Rostocker Plattenbauten war nach Anpfiff des Heimspiels gegen den FC St. Pauli zu sehen. In der Fanszene des FC Hansa Rostock existiert eine Gruppe mit dem Namen Plattenbau Rostock, die für die Choreografie verantwortlich war und damit ihren 13. Geburtstag feiern wollte. „FC Hansa Plattenbau Rostock“, lautete das Motto der Aktion, bei der u.a. das Sonnenblumenhaus von Rostock-Lichtenhagen zu sehen war und Pyrotechnik eingesetzt wurde. Traurige Berühmtheit erhielt das Sonnenblumenhaus durch die rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen im August 1992 gegen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZAst). Am 21. August 2022 sorgte eine "Lichtenhagen"-Zaunfahne mit dem Sonnenblumen-Symbol bereits für Aufsehen beim Heimspiel des FC Hansa Rostock gegen den FC St. Pauli. Kurz vorm 30. Jahrestag des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen wurde die schön länger existierende "Lichtenhagen"-Zaunfahne mit dem Sonnenblumen-Symbol auf der Südtribüne Rostock in Richtung Gästeblock aufgehangen. „Die Choreo mit dem Sonnenblumenhaus in Lichtenhagen funktioniert nach einem altbekannten Muster. So wird immer wieder mit Doppeldeutigkeiten kokettiert, um mit bestimmter Symbolik öffentlich für Aufmerksamkeit sowie Empörung zu sorgen – und sich bei Kritik bequem wegducken oder gar als Opfer inszenieren zu können. Bei solchen wichtigen Themen darf es aber keine Doppeldeutigkeit geben, sondern wir brauchen klare Positionen für Humanität – so wie es die Gästekurve am Sonnabend in Rostock durch ihre Choreo zum Tag gegen Gewalt an Frauen demonstriert hat. Diese Aktion verdient Respekt und vor allem mehr Aufmerksamkeit. Daher zeigen wir lieber diese Banner. Danke an Awareness St. Pauli für die Aktion“, verurteilte der FC St. Pauli die Choreografie von Plattenbau Rostock auf der Südtribüne. (Faszination Fankurve, 29.11.2023)

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