„Fortuna für alle“, und zwar umsonst?

Unter dem Motto „Fortuna für alle“ plant Fortuna Düsseldorf laut übereinstimmenden Medienberichten alle Fans umsonst ins heimische Stadion zu lassen. In der kommenden Saison solle demnach eine Pilotphase mit drei kostenfreien Spielen starten.

Finanziert werden soll die Aktion durch Sponsoren, die Fortuna für die Pilotphase auch schon an Land gezogen habe. Der kostenfreie Eintritt gelte demnach für alle Plätze außerhalb der Business-Seats, somit auch für Gästefans. Im Anschluss an die Pilotphase könnte das Projekt bei Weiterfinanzierung durch Sponsoren fortgesetzt werden.

Fortuna Düsseldorf-Fans beim Heimspiel gegen den HSV. Bild: Unterwegs in Sachen Fußball

WDR, Rheinische Post und Express berichteten vorab über die Pläne der Fortuna, die heute auf einer Pressekonferenz konkretisiert werden sollen. Anteilsverkäufe an Investoren sollen mit der Aktion jedoch nicht einhergehen. Vielmehr hat man in Düsseldorf offenbar Sponsoren gewonnen, die außerhalb eines solchen Projektes für die Fortuna nicht zu erreichen gewesen wären. Fans mit Dauerkarte sollen laut der bisherigen Berichterstattung als erstes, Vereinsmitglieder als zweites die Chance auf die kostenfreien Tickets erhalten, bevor die restlichen Karten online in den freien „Verkauf“ gehen. (Faszination Fankurve, 26.04.2023)

Updates 26.04.2023: Auf einer Pressekonferenz am Mittwochmittag stellte Fortuna Düsseldorf das Projekt vor und bestätigte damit die Medienberichte. Vier Sponsoren würden demnach 45 Millionen Euro im Zeitraum von fünf Jahren zur Verfügung stellen. In der Saison 2023/2024 will Fortuna mit mindestens drei kostenfreien Spielen starten und diese Anzahl in Zukunft weiter ausbauen. Weitere Informationen hat der Verein auf fortunafueralle.de bereit gestellt.

Fußball-Zweitligist Fortuna Düsseldorf plant im Rahmen seiner strategischen Neuausrichtung „eine Revolution im Profifußball“. Zukünftig will der Club den Eintritt zu seinen Heimspielen kostenfrei ermöglichen. Wie das gelingen soll, präsentierte Fortuna auf einer Presseveranstaltung.

So soll unter „Fortuna für alle“ eine komplett neue Zukunftsausrichtung des Traditionsclubs entstehen. „Wir wollen deutlich machen, wofür Fortuna Düsseldorf steht. Deshalb machen wir mit ‚Fortuna für alle‘ Dinge anders und gehen neue Wege”, erklärte der Vorstandsvorsitzende von Fortuna Düsseldorf, Alexander Jobst. Die neue Strategie basiere auf den vier Eckpfeilern „Fortuna als Teil der Stadt“, „der ganze Verein profitiert durch eine transparente Mittelverwendung“, „das Stadion als rot-weißes Zuhause“ und „Fortuna bleibt ein Verein, der den Fans gehört“.

Um den Fans auch finanziell entgegenzukommen, soll daher künftig bei so vielen Heimspielen wie möglich der Eintritt kostenfrei sein. 2023/24 startet der Club mit einer Testphase, in der drei ausgewählte Partien keinen Eintritt kosten – egal ob für Fortuna-Mitglieder, Dauerkarteninhaber, regelmäßige Stadionbesucher, Gelegenheits- oder Gästefans. Interessierte sollen sich dazu online über ein Portal bewerben können, sollte die Nachfrage das Angebot übersteigen, würde anschließend gelost werden. Mitglieder und Nicht-Mitglieder haben die gleiche Chance auf Eintrittskarten. Dauerkarteninhaber sind davon nicht betroffen und langjährige Mitglieder haben eine höhere Chance bei der Verlosung gegenüber Mitgliedern, die noch nicht so lange im Verein sind. Diese Chance steigt mit jedem Jahr der Mitgliedschaft. Auch die Dauerkarten werden in Zukunft kostenlos. In der Pilotphase (Saison 2023/24) werden sie anteilig der kostenlos angebotenen Spiele reduziert.

Rückendeckung gibt es für das Vorhaben von Seiten der Stadt: „Wir haben als Landeshauptstadt ein natürliches Interesse an einer starken Fortuna. Deshalb unterstütze ich als Oberbürgermeister den neuen Weg der Fortuna, der den Fußball für alle öffnen und wieder stärker in der Stadt und den Herzen ihrer Bürgerinnen und Bürger verankern soll. Dieses einzigartige Konzept zeigt, was Düsseldorf kann, und ist ein Gewinn für unsere Sportstadt. Mit Blick auf die Arena streben wir eine engere Zusammenarbeit an. Wie genau diese aussehen könnte, werden wir nun gemeinsam erarbeiten“, erklärt Dr. Stephan Keller, Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf.

Finanziert wird das Modell über zusätzliche Sponsoreneinnahmen, die explizit für dieses Vorhaben generiert werden und wurden. In einem ersten Schritt konnte Fortuna vorerst 45 Mio. Euro für fünf Jahre einsammeln. Diese finanzieren den ersten Zeitraum durch, eine Erhöhung des Budgets und eine Verlängerung der Laufzeit des Modells sind aber ausgegebenes Ziel. Sozusagen als „Gründungspartner“ an der Neuausrichtung beteiligt sind die TARGOBANK, Hewlett Packard Enterprise, Provinzial und die Common-Goal-Bewegung. Allesamt Unternehmen, die zuvor noch nicht Partner der Düsseldorfer waren. Auch allen bestehenden Sponsoren – inklusive Hauptsponsor Henkel, die man initial wohl nicht überzeugen konnte – soll aber die Möglichkeit gegeben werden, ihr Engagement entsprechend aufzustocken und sich zu beteiligen, wie Vorstandvorsitzender Jobst beteuerte. „Um am Ende alle Heimspiele kostenlos anbieten zu können, brauchen wir auf unserem gemeinsamen Weg weitere langfristige Partner. Wir freuen uns über die Unternehmen, die bereits mit an Bord sind und sind offen für weitere Weggefährten, die diesen außergewöhnlichen Weg mit uns gehen wollen. Wir begeben uns auf eine gemeinsame Reise, bei der sich Dinge noch verändern können. Und das ist auch gut so. Aber wir haben ein klares Ziel, eine gemeinsame Idee, starke Partner und unglaubliche Fans“, so Jobst.

Einnahmen künftig breiter verteilen

„Wir verteilen die zukünftigen Einnahmen unseres Weges von ‚Fortuna für alle‘ anders“, führte er anschließend zum nächsten Punkt über. Gemäß der transparenten Mittelverwendung wird nicht nur in den Profifußball (erhält künftig 50% der Einkünfte), sondern auch in den Nachwuchsbereich und den Frauenfußball (20%), in digitale Infrastruktur und die Arena (20%) sowie nachhaltige, soziale Projekte und den Breitensport der Stadt (10%) investiert. Auch die nach und nach wegfallenden Ticketeinnahmen werden so kompensiert. Erste (wahrscheinlich optische, farbliche) Anpassungen am Rheinstadion sollen schon in den nächsten Wochen und Monaten umgesetzt werden. Hintergrund der neuen Strategie ist ein intensivierter Fokus des Clubs auf die Interessen seiner Mitglieder und Fans sowie die Verwurzelung in der Stadt. Daher war es den Verantwortlichen wichtig zu betonen, dass sich dieses neue Engagement rein aus Sponsoring-Aktivitäten speist und nicht durch Rechteabtritte oder Ähnlichem finanziert wird. Die Fortuna wolle ihr Bekenntnis zur Gesellschaftsform als eingetragener Verein beteuern.

Die Anzahl an „Freispielen“ pro Saison solle im Anschluss an die Pilotphase 23/24 sukzessive gesteigert werden. Wie viele Spiele pro Periode genau kostenlos besucht werden können, sei derzeit noch nicht klar, der Club warte die weiteren Rückmeldungen von Sponsoren und deren Feedback bzw. Investitionsbereitschaft ab. Auch wie hoch der Betrag sei, den Fortuna benötige, um tatsächlich alle 17 Bundesliga-Heimspiele einer Saison kostenfrei anbieten zu können, wollten die Verantwortlichen nicht nennen.

In der aktuellen Saison kommen die Düsseldorfer auf einen Zuschauerschnitt von knapp unter 30.000, dies ist auch der Rahmen der letzten fünf nicht-pandemiebedingten Zweitligaspielzeiten (ca. 25.000-33.000 Zuschauer). In den Erstligasaisons 2018/19 und 2012/13 kam F95 auf ca. 44.000 respektive 46.000 Zuschauer im Schnitt, vor der Corona-Geisterspiel-Zeit ab März 2020 hatte der Verein einen Schnitt von ca. 43.000 Zuschauern in der 1. Liga.

Sollte Fortuna seinen Fans tatsächlich eine komplette Saison keinen Eintrittspreis abverlangen, dürfte dies Mindereinnahmen im hohen einstelligen Millionenbereich bedeuten. Bei den Tageskartenpreisen liegt die Fortuna im Ligavergleich im Mittelfeld, die Dauerkarten sind preislich etwas über dem Durchschnitt angesiedelt. Ob der Einnahmenausfall aus den fehlenden Ticketverkäufen beispielsweise durch gesteigerte Catering-Erlöse aufgefangen werden kann, ist unklar, aber eher unrealistisch. Das Catering im Düsseldorfer Stadion übernimmt das Unternehmen „Aramark“, Fortuna dürfte einen gewissen Anteil erhalten. Eher im Bereich des Möglichen erscheint ein Entgegenkommen der Stadt Düsseldorf, die das Stadion an F95 vermietet. Angesprochen auf eine etwaige gar kostenlose Überlassung der Immobilie für Freispiele, verwies Oberbürgermeister Keller auf die schwierige juristische Situation, zumindest eine Mietminderung für diese Sonderspiele erscheint aber wahrscheinlich.

Für Fortuna ist die neue Strategie vor allem ein Versuch, aus den traditionellen Wegen im Profisport auszubrechen. „Uns ist klar: Ein ‚Weiter so wie bisher‘ ist keine Option. Dann wird es für Fortuna immer schwieriger – sportlich und wirtschaftlich. Deshalb müssen wir uns verändern und Dinge anders machen. Das machen wir jetzt und schaffen ein Fundament, auf dem wir in den nächsten Jahren nicht nur den Status quo verwalten, sondern aus eigener Kraft wachsen können.“

Björn Borgerding, Aufsichtsratsvorsitzender, ergänzt: „Wir haben uns als Aufsichtsrat gemeinsam mit dem Vorstand das Ziel gesetzt, einen neuen, mutigen Weg für die Fortuna zu entwickeln. ‚Fortuna für alle‘ ist genau dieser Weg, da er den Menschen und dabei vor allem die Fußballfans in den Vordergrund stellt, perfekt zu unserer Stadt passt und uns zugleich die Möglichkeit verschafft, als Verein sportlich und wirtschaftlich zu wachsen. Deshalb stehen wir als Aufsichtsrat geschlossen hinter diesem einzigartigen Konzept. Für den Verein und für Düsseldorf.“

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