„Karrieregeil“: VfB-Fans machen „Human Rights“-Aktion der DFB-Elf nach
Vor dem Länderspiel gegen Island präsentierte sich die deutsche Nationalmannschaft mit selbstbemalten Trikots, die ein "Human Rights"-Schriftzug ergaben. Die DFB-Kicker wollten damit aus die Menschenrechtslage im WM-Gastgeberland Katar aufmerksam machen. Fans des VfB Stuttgart machten diese Aktion gestern in der Cannstatter Kurve nach.
Die Aktion der DFB-Spieler im Video:
Doch statt des englischen Wortes für Menschenrechte war auf den selbstbemalten schwarzen Shirts der VfB-Fans „Karrieregeil“ zu lesen. „Human Rights sind euch scheißegal! Ihr seid nur... karrieregeil“, so die komplette Botschaft der VfB-Fans. „Es ist nicht eure Schuld, dass die WM ist, wo sie ist! Doch es ist eure Schuld, wenn ihr dort spielt!“, machte die Crew 36 mit einem Spruchband in Richtung der deutschen Nationalspieler zuvor deutlich, wo sie die Verantwortung der DFB-Kicker sieht.
Am gestrigen Abend zeigte das ZDF passend zum Thema eine sehenswerte „Geheimsache Katar“-Dokumentation. Darin erklärte Nationalspieler und FC Bayern-Profi Leon Goretzka, dass er nichts dagegen hätte, wenn der Sponsoring-Vertrag des FC Bayern mit Qatar Airways nicht verlängert würde. Laut den ZDF-Recherchen erhält der deutsche Rekordmeister für dieses Sponsoring 25 Millionen Euro im Jahr. Fehlende Einnahmen aus einem wegfallenden Sponsoring aus Katar könnten somit auch zu geringeren Einnahmen für die Spieler führen. Zumindest Goretzka scheint dafür bereit zu sein.
Doch zurück nach Stuttgart. Die „Karrieregeil“-Aktion der VfB-Fans war am gestrigen Dienstagabend nicht die einzige Aktion mit Bezug zur anstehenden Weltmeisterschaft in Katar. So zeigte das Commando Cannstatt ein Spruchband, auf dem „Peitsche für Wehrle, Knast für Hitz? Die WM in Katar ist ein Witz!“ geschrieben stand. Die Ultras des VfB Stuttgart machten damit klar, dass der Vorstandsvorsitzende der VfB Stuttgart 1893 AG ebenso wie sein Vorgänger in Katar wegen ihrer sexuellen Orientierung Probleme bekommen können. Im Gastgeberland der anstehenden WM ist Homosexualität nämlich weiterhin strafbar. In der gestern ausgestrahlten ZDF-Doku fiel der katarische WM-Botschafter und ehemalige Nationalspieler Khalid Salman passend dazu mit einer homophoben Aussage auf, in dem er Homosexualität als „geistigen Schaden“ bezeichnete.
„Skalven halten, spionieren, manipulieren - Fickt eure WM!“, war auf einem weiteren Plakat des Commando Cannstatt zu lesen. Die Schwaben Kompanie Stuttgart wünschte mit einem ironischen Ton „Viel Spaß bei der geilsten WM aller Zeiten!“. Der Schwabensturm ergänzte: „Qatar 2022: Wenn die Spitze des Eisbergs der Scheinheiligkeit in der Wüste steht!“. Im Gästeblock hing bei den Hertha BSC-Fans ebenfalls eine kleine „Boycott Qatar 2022“-Boschaft.
Zudem protestierten die mitgereisten Hertha BSC-Fans am Dienstagabend mit einer „Pro Samstag 15:30“-Choreografie gegen die fanunfreundliche Anstoßzeit und die englische Woche, die wegen der fehlenden Zeit auf Grund der Winter-WM stattfinden musste. Die Schwaben Kompanie hatte zu diesem Thema eine „Ob daheim oder Gäste... Samstag 15:30 beschde!“-Botschaft mit dabei. Zuvor gratulierte die gleiche Gruppe dem 1. FC Kaiserslautern zum Derbysieg gegen den Karlsruher SC. Das Südwest-Derby fand zuvor am gleichen Abend statt. Deshalb konnten im Gästeblock auch keine Karlsruher SC-Fans aufschlagen, die mit den Hertha BSC-Fans eine intensive Fanfreundschaft pflegen. In der Cannstatter Kurve war dennoch ein gegen den KSC- und ein gegen die Harlekins Berlin gerichteter Doppelhalter zu sehen.
Mit einem „Big City Club? Am Ende bleiben der Verein und seine Mitglieder das Größte! Windhorst raus!“-Plakat positionierten sich die Schwabensturm Ultras aus Stuttgart gegen Hertha BSC-Investor Windhorst, der in durchgestrichener Form auch auf einem Doppelhalter im Gästeblock zu sehen war.
Auf dem Rasen ging der VfB gestern bereits in der dritten Minute durch ein Tor von Guirassy in Fürhung. Lukebakio glich in der 19. Minute für die Hertha aus. Doch in der achten Minute der Nachspielzeit war es Mavropanos, der die Mehrheit der 44.500 Fans im Neckarstadion zum Jubeln brachte. Der VfB sicherte sich somit drei wichtige Punkte im Abstiegskampf. (Faszination Fankurve, 09.11.2022)