20 Jahre Schickeria München: Choreografie & Zaunfahnen-Comeback

Die 2002 gegründete Ultragruppe Schickeria München widmete beim heutigen Bundesliga-Heimspiel des FC Bayern München gegen den 1. FSV Mainz 05 dem eigenen 20. Geburtstag eine Choreografie in der Südkurve. Am Zaun dieser Kurve feierte zudem die große SCHICKERIA MÜNCHEN-Zaunfahne ihr Comeback.

„ULTRA' MÜNCHEN“ war vorm Einlaufen der Mannschaften heute zunächst im Unterrang der Südkurve des FC Bayern zu lesen. Anschließend änderte sich das Bild und ein "SCHICKERIA"-Schriftzug samt "20 Jahre"-Ergänzung kam zusammen mit zahlreichen Fahnen zum Vorschein. „Die Schickeria wird in dieser Saison 20 Jahre alt und heute haben wir uns selbst ein kleines Geschenk gegönnt. Sind die Choreographien in der Südkurve ansonsten in der Regel unserem Verein und der Mannschaft gewidmet, lassen wir heute zum Jubiläum ausnahmsweise einmal unsere eigene Gruppe hochleben“, teilte die Schickeria zur heutigen Choreografie mit.

Zweiteilige Choreografie sowie die "Schickeria München" und "Ausgesperrte immer bei uns"-Zaunfahnen.
Zweiteilige Choreografie sowie die "Schickeria München" und "Ausgesperrte immer bei uns"-Zaunfahnen. Bild: privat

Die Gruppe Munich's Red Pride gratulierte noch mit einem „Ois Guade Schickeria München - 20 Jahre konsequent, geschlossen, rebellisch“-Spruchband und Colegio mit einem „20 years rebels without a pause - Ois Guade Schickeria München!”-Plakat zu 20 Jahren Schickeria München.

Außerdem fand heute die große Heim-Zaunfahne der Schickeria München erstmals seit 2006 wieder ihren Platz am Zaun der Südkurve München. Zudem wurde die große „AUSGESPERRTE IMMER BEI UNS“-Fahne nochmal hochgehalten, um an die Zaunfahnen-Geschichte der Schickeria zu erinnern. Die große „BAYERN MÜNCHEN“-Fahne wurde somit vom Zaun der Südkurve überdeckt.

Die Geschichte zur BAYERN MÜNCHEN-Zaunfahne

Die Schickeria München-Zaunfahne an ihrem damaligen Stammplatz.
Die Schickeria München-Zaunfahne an ihrem damaligen Stammplatz. Bild: DER (PF)LÄSTERSTEIN

Nach dem Gastspiel des FC Bayern München am 25. März 2006 beim MSV Duisburg erhielten 59 FC Bayern-Fans Stadionverbote, nachdem es an einem Parkplatz des Wedaustadions zu Auseinandersetzungen beider Fanlager kam. Betroffen waren damals zahlreiche Mitglieder der Schickeria, die anschließend von der Polizei eingekesselt und später mit Stadionverboten aus den Stadien verbannt wurden. Die große „SCHICKERIA MÜNCHEN“-Zaunfahne war deshalb vorerst nicht mehr bei Heimspielen des FC Bayern im Stadion in München-Fröttmaning zu sehen. Stattdessen war am Stammplatz der Schickeria-Heimfahne während der Gültigkeit dieser Stadionverbote eine „AUSGESPERRTE IMMER BEI UNS“-Botschaft zu lesen.

Die "Ausgesperrte immer bei uns"-Zaunfahnen in der Südkurve im Nachgang des Vorfalls in Duisburg.
Die "Ausgesperrte immer bei uns"-Zaunfahnen in der Südkurve im Nachgang des Vorfalls in Duisburg. Bild: DER(PF)LÄSTERSTEIN

Am 05. Mai 2007 kam es auf der Rastanlage Würzburg-Nord der Autobahn A3 zu einem folgeschweren Aufeinandertreffen zwischen rivalisierenden Fans von Bayern München und dem 1. FC Nürnberg. Beide Fangruppen waren gleichzeitig auf dem Weg zu den Auswärtsspielen ihrer Mannschaften in Mönchengladbach und Gelsenkirchen. Einige der 73 Insassen des Münchner Fanbusses sollen damals die Anhänger des 1. FC Nürnberg angegriffen haben. Die Frau des Busfahrers wurde durch den Wurf einer Plastikflasche schwer verletzt. Der FC Bayern reagierte damals mit der Aussprache von 73 Stadionverboten auf den Würzburg-Vorfall und versuchte die Schickeria aus der „großen FC Bayern-Familie“ auszuschließen. Dauerkarten von vermeintlichen Schickeria-Mitgliedern wurden aufgekündigt und eine Distanzierung von der Schickeria eingefordert. Um symbolisch zu zeigen, dass auch die Schickeria weiterhin ein Teil des FC Bayern ist, hing mit Beginn der Saison 2007/2008 eine neue Zaunfahne am zentralen Standort in der Südkurve München.

Die damals neue Bayern München-Zaunfahne in der Südkurve München zu Beginn der Saison 2007/2008.
Die damals neue Bayern München-Zaunfahne in der Südkurve München zu Beginn der Saison 2007/2008. Bild: Bastian P.

In gleicher Schrift war darauf „BAYERN MÜNCHEN“ statt „SCHICKERIA MÜNCHEN“ zu lesen. Diese Zaunfahne begleitete die Heimspiele des FC Bayern bis zum heutigen Tag. Beim Heimspiel gegen Mainz 05 wurde am heutigen 29. Oktober 2022 nun wieder die große „SCHICKERIA MÜNCHEN“-Zaunfahne ausgepackt. (Faszination Fankurve, 29.10.2022)

Statement der Schickeria München zum eigenen 20. Geburtstag:

Servus Bayernfans,

Die Schickeria wird in dieser Saison 20 Jahre alt und heute haben wir uns selbst ein kleines Geschenk gegönnt. Sind die Choreographien in der Südkurve ansonsten in der Regel unserem Verein und der Mannschaft gewidmet, lassen wir heute zum Jubiläum ausnahmsweise einmal unsere eigene Gruppe hochleben.

"Ja mei wia kommst den du daher, a weng ausgflippt muasst scho sei, sonst lasst di da Gorilla an der Eingangsdia ned nei, in´d Schickeria", heißt es in einem sehr bekannten Lied der Spider Murphy Gang, das bei der Namensfindung für unsere Gruppe im Jahr 2002 eine gewisse Rolle spielte.

Eine Gruppe zur Verbesserung der Stimmung im Olympiastadion wollten wir damals gründen. Den jungen Leuten, die ausgeflippt in Sachen FC Bayern waren, ein gemeinsames Dach und Struktur bieten. Kräfte bündeln und gemeinsam an einem Strang ziehen, um auch in München die Begeisterung zu entfachen, die wir auf Reisen quer durch Europa in den Fußballstadien erlebt hatten. Diesem Ziel fühlen wir uns auch heute weiter verpflichtet.

20 Jahre in der Südkurve, 20 Jahre mit dem FC Bayern, Auswärtsspiele in Europa und auf anderen Kontinenten, da sammeln sich natürlich hunderte von Geschichten und Anekdoten an. Wir haben als Gruppe sicher große Erfolge erzielt. Damit meinen wir nicht nur Erlebnisse wie die fantastische Europapokalsaison 2013, sondern ganz explizit auch den Umbau des Südkurvenunterrangs zu einer Stehplatztribüne, großartige Festivitäten für die gesamte Fanlandschaft wie die 120 Jahresfeier im Löwenbräukeller oder die Südkurvenfeiern und auch ganz einfach, dass unser Ehrenpräsident Kurt Landauer heute wieder in aller Munde ist, rassistische Parolen in der Kurve gleichzeitig der Vergangenheit angehören. Und – da werden uns wohl viele zustimmen – auch in Sachen Stimmung hat sich in den letzten Jahren natürlich einiges getan und so manch Fan anderer Mannschaften, wird zugeben müssen, dass sich der Bayernanhang doch auswärts wie zuhause lautstärker präsentiert als das Klischee es glauben lässt.

Wer dem FC Bayern über 20 Jahre auf allen Wegen folgt, die Mannschaft auch und gerade dabei Rückstand nach vorne peitschen will und dabei gleichzeitig auch einen gewissen Wertekanon mitbringt, der eine kapitalismusskeptische Grundhaltung, eine antirassistische Einstellung und eine gehörige Portion Skepsis gegenüber Autoritäten beinhaltet, eckt auch manchmal an. Mit den Fans anderer Vereine, mit der Polizei, auch manchmal auch mit der eigenen Anhängerschaft und unseren Vereinsverantwortlichen. Wer 20 Jahre sichtbar und lautstark ist, begeht auch manchmal Fehler, lernt Lektionen, manche sehr bitter, andere vor allem hilfreich.

Wir waren bei Meinungsverschiedenheiten oft hart in der Sache, wo notwendig auch einmal hart im Ton, aber nie jemand, der sich einem respektvollen Dialog und einer inhaltlichen Auseinandersetzung verschließt. Das war immer Teil unseres Weges. Wir sehen uns weiter als ein wichtiger Teil der Fanszene des FC Bayern, der aber mit den anderen Akteuren gerne in Austausch tritt, gemeinsam an Zielen arbeitet und auch mit Leuten einen guten Kontakt pflegen kann, mit denen man sich einig ist in manchen Fragen nicht einig zu sein.

Wir freuen uns über jeden Bayernfan, der bzw. die an unseren Treffpunkten vorbeischaut, sich gemeinsam mit uns um eine feurige und laute Atmosphäre im Stadion oder auch einfach um den Erhalt von Grundpfeilern unserer Fußballkultur wie Stehplätzen, fairen Eintrittspreisen, Mitbestimmung der Vereinsmitglieder oder ähnlichen Anliegen einsetzt.

Wir wollen das gerne auch die nächsten 20 Jahre wieder tun.

Lebe Ultrà – liebe München!

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