Oberlandesgericht mahnt zuständige Ermittlungsbehörden ab
Beim Auswärtsspiel bei Union Fürstenwalde wurde ein BSG Chemie Leipzig-Fan am 16. Februar 2020 schwer verletzt, als zwei Polizisten den Fan vom Zaun rissen (Faszination Fankurve berichtete). Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) entschied, dass die Ermittlungen gegen die beiden Polizisten wieder aufzunehmen seien.
Das Rechtshilfekollektiv BSG Chemie Leipzig, das Chemie-Fans bei Problemen mit Polizei und Justiz unterstützt, sieht in der OLG-Anordnung einen „außergewöhnlichen Erfolg“. Man wolle die Wiederaufnahme der Ermittlungen nun genau verfolgen. (Faszination Fankurve, 02.12.2021)
Faszination Fankurve dokumentiert die Pressemitteilung des »Rechtshilfekollektiv Chemie Leipzig« zum gewonnenen Klageerzwingungsverfahren gegen die brandenburgische Generalstaatsanwaltschaft:
• Das OLG Brandenburg hebt Einstellungsbescheide der Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft auf
• Staatsanwaltschaft muss Ermittlungen gegen zwei Polizeibeamte wieder aufnehmen
• Schallende Ohrfeige: OLG beanstandet Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft als »unzureichend«
Am 16. Februar 2020 kam es in der Fürstenwalder »Bonava-Arena« im Vorfeld eines Auswärtsspiels der BSG Chemie Leipzig zu einer schweren Verletzung eines jungen Chemiefans. Zwei Beamte der eingesetzten Bereitschaftspolizei rissen den Fan ohne wahrnehmbare Ankündigung und Abwägung alternativer Mittel dermaßen rabiat vom Zaun, dass er massive Verletzungen – u.a. einen 20 cm langen offenen Riss am Oberschenkel davontrug. Nur durch die schnelle Notversorgung einer Leipziger Krankenschwester aus der Fanszene konnte die dramatische Situation zumindest halbwegs bewältig werden. Die Ereignisse vom Februar waren Thema landesweiter medialer Berichterstattung und beschäftigten u.a. auch den brandenburgischen Landtag.
Mit dem Beschluss vom 22.11.2021 des Brandenburgischen OLG ist die zuständige Staatsanwaltschaft aufgefordert, die Ermittlungen gegen die beiden beteiligten Beamten wieder aufzunehmen. Die Ermittlungsanordnung beruht vor allem auf der unzureichenden Arbeit der zuständigen Behörde. Bemängelt wurde u.a. das Ignorieren von wichtigen Zeugenaussagen und eine völlig einseitige Ermittlungsstrategie. Auch, dass die vorliegenden Bildaufnahmen in keiner Weise durch einen Sachverständigen beurteilt wurden, obwohl sich dies »zwecks näherer und präziserer Erkenntnisse nahezu aufdrängte«, kritisiert das OLG in seinem Beschluss scharf.
»Die erreichte Anordnung zur Wiederaufnahme, die unser Rechtsanwalt Christian Friedrich gegen die Staatsanwaltschaft auf den Weg gebracht hat, ist für uns ein großer und außergewöhnlicher Erfolg«, so Miriam Feldmann, die Sprecherin der Fanhilfe der BSG Chemie Leipzig. »Mit deutlichen und klaren Worten hat das höchste Gericht des Bundeslandes die zuständigen Ermittlungsbehörden abgemahnt und ihnen auf den Weg gegeben, endlich richtig gegen die beiden beschuldigten Polizisten zu ermitteln.«
Das Rechtshilfekollektiv BSG Chemie Leipzig und die Fanszene des Vereins werden die nun anstehende Wiederaufnahme der Ermittlungen genauestens verfolgen. Der bisherige Status Quo im Umgang mit dem Vorfall war vor allem geprägt durch Ignoranz, Widerwillen und durch eine auf Abwehrreflexe eingeübte Polizeikultur. Wir hoffen, dass dies sich ab jetzt – auch durch den Beschluss des OLG – grundlegend ändert.